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Weil am Rhein „Wir wollen nicht größer werden“

Weiler Zeitung
Die 2019er-Besucherzahl liegt knapp unter den beiden vergangenen Jahren. Foto: Oliver Welti Foto: Weiler Zeitung

Kieswerk-Open-Air: Leiter Tonio Paßlick bilanziert ein Kino-Festival „mit einigen Herausforderungen“

Die 18. Auflage des Kieswerk-Open-Airs ist gestern Abend zu Ende gegangen. Eine Filmunterbrechung, eine Evakuierung mit Abbruch sowie ein Rekord mit 1400 Besuchern gab es an verschiedenen Abenden.

Von Marco Fraune

Weil am Rhein. Wie ist die diesjährige Freiluftkino-Veranstaltung zu bewerten? Unsere Zeitung hat Festivalleiter Tonio Paßlick gefragt.

Frage: Zum 18. Geburtstag des Kieswerk-Open-Airs ist ja so einiges los gewesen. Damit hatten Sie wahrscheinlich nicht gerechnet, oder?

Man muss bei Open-Air-Festivals immer mit allem rechnen. Das Kieswerk-Open-Air dauert immerhin elf Tage lang, da wird es immer verregnete Abende geben. Allerdings gab es noch nie solche Wetter-Kapriolen, die selbst von den genauen regionalen Wetter-Apps nicht so vorausgesehen worden waren.

Frage: Ein Abbruch des Kinoabends hatte es zuvor nicht gegeben. Haben Sie 18 Jahre lang diesen Notfallplan in der Tasche gehabt?

Für alle Festivals haben wir Notfall-Pläne. Die Pläne wurden mit den Jahren dem Aufbau und der wachsenden Größe des Festivals angepasst. Spätestens seit der Katastrophe von Duisburg ist das eine organisatorische Voraussetzung für alle Festival-Organisatoren, die Veranstaltungen an öffentlichen Orten oder „open air“ planen. Es waren auch schon früher Evakuierungen nötig, vor allem dann, wenn Gewittergebiete unmittelbar über dem Festivalort durchgezogen sind. Zum ersten Mal waren am zweiten Abend diese Gewitter aber für mehrere Stunden angesagt – wenige Stunden vorher wurde der Abend als regenfrei angezeigt und selbst wenige Minuten vor dem Starkregen zeigten die Apps an, dass das Gewittergebiet an uns vorbeiziehen würde. Aber so blieb uns nur die Entscheidung, den Abend abzubrechen – wie beim ZMF, Stimmen-Festival in Lörrach, dem Parkkonzert in Bad Krozingen und auch anderen Orten.

Frage: Unterm Strich lief alles gut. Gab es dennoch negative Rückmeldungen?

Nein, die einzigen beschäftigten sich mit der Kompensation für den ausgefallenen Abend. Dafür haben wir sehr viele positive Rückmeldungen für die transparente Organisation der beiden Evakuierungen erhalten.

Frage: Schon direkt bei der Premiere am Donnerstagabend musste erstmals in der Kino-Open-Air-Geschichte in Weil der Projektor 15 Minuten hitzebedingt abgeschaltet werden. Liegt es an der neuen Technik oder an den sich verschärfenden äußeren Bedingungen, also der Hitze?

Die Projektoren sind erheblich besser als noch vor Jahren. Damit wohl auch sensibler. Allerdings hatten wir noch nie solche Hitzegrade wie bei Festivalbeginn. Wenn ein Gerät einen Tag lang bei 45 Grad Hitze in der Sonne steht, kann es schon sein, dass die Lüftung überfordert ist. Aber unser Filmvorführer Lasse Kracht hat das souverän gelöst.

Frage: Der erstmaligen Ereignisse noch nicht genug: 1400 Besucher gab es danach an einem Kino-Abend. Ein Rekord. Sie streben solch eine hohe Besucherzahl aber nicht an. Warum?

Nein, die Obergrenze bei diesem Aufbau liegt bei etwa 1250 Plätzen. Wir müssen nicht nur die erforderlichen Breiten für Fluchtwege und Feuerwehr-Zufahrten einkalkulieren, sondern auch die Kapazität der Catering-Stände und der Musikbühnen. Die Besucher sollen sich wohl fühlen können.

Frage: Unterm Strich kamen jedoch weniger Besucher als im Vorjahr. Sind Sie nicht enttäuscht?

Keineswegs. Da wir fünf Abende mit regnerischen Vorzeichen hatten, also mit Regen während oder kurz vor Kassenöffnung, ist die absehbare Besucherzahl sogar ausgezeichnet. Sie liegt knapp unter den beiden vergangenen Jahren, aber über allen Zahlen bis 2015. Außerdem sind die Zahlen nicht das wichtigste Erfolgskriterium. Am wichtigsten ist die Stimmigkeit: das Gefühl, eine qualitativ profilierte Film-, Musik- und Kunstauswahl einem größeren Publikum aller Altersgruppen vermittelt zu haben. Wir haben während des Festivals sehr viel positives Feedback dafür erhalten. Da dürfen Filme auch mal vor 400 Leuten laufen – eine große Zahl von Besuchern für Naturdokus oder Programmkino-Filme wie Gundermann.

Frage: Mit einer Volljährigkeit erreicht man eine gewisse Reife. Wohin entwickelt sich das Open-Air-Kino noch?

Wir wollen nicht größer werden, sondern in diesem Rahmen die Abläufe immer weiter optimieren. Es gibt viele Ideen, das Publikum noch interaktiver einzubinden. Wir haben ja auch den Vorverkauf begrenzt, damit die Menschen auch die wunderschönen zweieinhalb Stunden vor Filmbeginn vor Ort erleben und selbst Teil der tollen Atmosphäre sind. Wir wollen kein austauschbares Festival, es soll in seinem Charakter einzigartig bleiben. Wegen dieser Qualität kommen auch viele Bands zu uns – nur für eine Aufwandsentschädigung. Die Stimmung unter Organisatoren und Beteiligten soll familiär bleiben. Die Organisation muss nicht stylisch daherkommen. Das Kieswerk-Open-Air ist wie ein Biotop, das achtsam gepflegt werden muss.

Frage: Sie selbst übergeben ja in nicht allzu ferner Zukunft das Kieswerk-Open-Air. Wie behalten Sie die nun beendete 18. Auflage in Erinnerung?

Dankbar: als Festival mit einem tollen Film- und Musikprogramm, das uns hin und wieder vor Herausforderungen gestellt hat, die alle Beteiligten aber in meinen Augen sehr souverän gelöst haben.

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