Weil am Rhein Wo es in Weil am wärmsten ist

Saskia Scherer
Die Weiler Stadtklimaanalyse mündete in dieser Planungskarte. Grafik: iMA Richter & Röckle

Daten: Hitzebelastung in einer Stadtklimaanalyse erfasst / Baustein für Stadtentwicklungskonzept

Welchen Weg will Weil am Rhein bei der Klimaanpassung beschreiten und wie kann dieser mit anderen Aspekten der Stadtentwicklung in Einklang gebracht werden? Für die Weichenstellung soll eine Stadtklimaanalyse die fachliche Grundlage bilden. Damit war das Freiburger Büro iMA Richter & Röckle im November 2020 beauftragt worden. Erste Ergebnisse wurden nun im Bau- und Umweltausschuss vorgestellt.

Von Saskia Scherer

Weil am Rhein. Für die Klimaanalyse wurden Daten zu Gebäudekubaturen, Vegetation, Topografie, Wetter, Einwohnerdichte, Nutzungen, geplanten Neubauten & Co. gesammelt, die in das Modell eingeflossen sind.

Hitzebelastung dargestellt

Die aktuelle Hitzebelastung wurde anhand von mikroskaligen Modellen in einer Auflösung von drei mal drei Metern dargestellt, sprich für einzelne Häuser. Diese sind außerdem mit Gunst- und Ungunstfaktoren hinterlegt worden. Herausgekommen ist eine Karte, die darstellt, wo die tatsächlich empfundene Hitzebelastung der Bürger im Stadtgebiet am höchsten ist und wo also der größte Handlungsbedarf besteht. Die Analyse stellt auch einen Baustein für die anstehende Erstellung eines „Integrierten Stadtentwicklungskonzepts“ dar, erklärte Bürgermeister Martin Gruner.

Mehr Tropennächte

Die Anzahl an heißen Tagen hat insgesamt über die Jahre deutlich zugenommen, bilanzierte Meteorologe Rainer Röckle von Richter & Röckle. Ebenso gibt es mehr sogenannte Tropennächte, in denen die Temperaturen nicht unter 20 Grad Celsisus sinken. „Dann kühlt auch die Stadt als Organismus nicht ab.“ Abendliche urbane Wärmeinseln zählen zu den Ungunstfaktoren.

Als Hotspots nannte Röckle etwa die stark versiegelten Gewerbegebiete oder dicht bebaute Flächen wie die Altstadt. Tiefrot gekennzeichnet auf der entsprechenden Grafik ist aber auch in der Kernstadt eine Zone nördlich der Haupt- und östlich der Bühlstraße sowie die Haltinger Ortsmitte und das Wohngebiet westlich der Bahnlinie in Haltingen.

Ein weiterer Ungunstfaktor ist die Physiologisch Äquivalente Temperatur (PET) mittags. Die PET beschreibt das thermische Empfinden des Menschen und ist abhängig von Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit, Strahlungsflüssen und der menschlichen Energiebilanz.

Empfinden unterschiedlich

Röckle ging zudem darauf ein, dass Hitze unterschiedlich empfunden wird: Hält sich eine Person in der Sonne auf Asphalt zwischen Häusern und Fahrzeugen auf, betrage bei einer Lufttemperatur von 25 Grad die gefühlte Temperatur 45 Grad. Befindet sich der Mensch auf einer Grünfläche mit Bäumen in einem nicht so dicht bebauten Bereich, liege die gefühlte Temperatur dagegen wie die gemessene bei 25 Grad.

Einen Gunstfaktor stellen Kaltluftabflüsse dar, abendliche und nächtliche Kaltluftströmungen, beispielsweise aus Richtung Tüllinger. Auch die Klimavielfalt ist ein Gunstfaktor. Gibt es viel Grün, auch privates, sei diese recht gut. Ebenfalls analysiert wurde die Erreichbarkeit von öffentlich zugänglichen Grün- und Freiflächen mit Erholungswert und Aufenthaltsqualität an heißen Sommertagen. Dabei fällt auf, dass einige Verkehrsflächen Barrieren bilden.

Die Stadtklimaanalyse mündet in einer Klimaanalysekarte sowie einer Planungshinweiskarte. Daraus ergeben sich zum einen die für die Durchlüftung besonders wichtigen, sprich freizuhaltenden Flächen und zum anderen die Flächen, auf denen Menschen besonders belastet sind – durch Hitzestress, aufgrund der Einwohnerdichte und sensibler Einrichtung wie Pflegeheimen, Schulen und Kindergärten – und wo also besonderer Handlungsbedarf besteht.

Grünoasen schaffen

Der nächste Schritt sei, über ein Klimaanpassungskonzept nachzudenken, meinte Röckle. Er empfahl, Grünoasen zu schaffen. Weil am Rhein benötige aus Klimasicht mehr Bäume. „Die heilige Kuh Auto hat immer noch viel Fläche für sich“, so der Meteorologe. Er warf auch die Idee auf, diese in Garagen unter der Erde zu verbannen.

Galerie kein neuer Hotspot

Axel Schiffmann sorgte sich, ob durch die „Dreiländergalerie“ überhaupt noch eine ausreichende Belüftung in Nord-Süd-Richtung möglich ist. „Gibt das einen neuen Hotspot?“ Es betreffe die unmittelbare Nachbarschaft, meinte Röckle. „Auswirkungen auf die Kernstadt gibt es keine, das ist nicht so dramatisch.“ Ohnehin handele es sich bei dem Gebiet um „keinen schönen Aufenthaltsbereich“.

Nachverdichtung sei ein Konzept, das erneut geprüft werden müsse, fand Johannes Foege (SPD). Grünflächen würden dabei vernichtet. Er wies auch auf die Vorgabe des Landes hin, möglichst viele Solarzellen zu bauen: „Die bescheren nicht mehr Kühle.“ Röckle gab zu, dass diese für das lokale Klima kontraproduktiv seien. „Die Panels heizen sich stark auf.“ Sie würden allerdings nachts auch schnell wieder abkühlen. „Da muss man abwägen.“ Gewerbegebiete würden sich für Solarzellen anbieten, aber da reiche oft die Statik der alten Hallen nicht aus.

Begrünung kontrollieren

Dachbegrünung sei immer sinnvoll – „die Auswirkungen auf den bodennahen Bereich sind allerdings gering“, stellte Röckle klar. Dachbegrünung sei Standard, wo es möglich ist, ergänzte Stadtbauamtsleiter Christian Renner. Thomas Bayer (Grüne) ärgerte sich, dass dies aber oft von Bauherren nicht umgesetzt und auch von der Stadt nicht kontrolliert werde. „So nützt es nichts.“

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading