Weil am Rhein Zollfreie: Zu viel Lärm ohne Limit

Weiler Zeitung
Auf der Zollfreien darf 100 Kilometer pro Stunde gefahren werden, wobei viele noch schneller unterwegs sind. Foto: Marco Fraune Foto: Weiler Zeitung

Verkehr: Offenlage des vorläufigen Lärmaktionsplans / Anwohner der B 317 fordern Maßnahmen

Die dritte Stufe des Lärmaktionsplans sorgt schon jetzt für laut vernehmbare Kritik. Konkret kritisieren die Anwohner der Zollfreien Straße (B 317), dass dort zu wenig vorgesehen ist. Flüsterasphalt, Lärmschutzwände und auch Tempo-Reduzierungen werden vermisst, wie bei der Bürgerfragestunde vorgetragen wurde.

Von Marco Fraune

Weil am Rhein. Gleich fünf Anwohner stellten zu Beginn der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend nicht nur Verständnisfragen zur letztlich einstimmig beschlossenen Offenlage des vorläufigen Lärmaktionsplans der Stadt Weil am Rhein, sondern bewerteten die Ergebnisse des zugrunde liegenden Gutachtens auch sehr kritisch.

Für Lärmschutzwand

Vermisst wurden darin Verkehrsflüsse, Schadstoffbelastungen, Verkehrssicherheit oder auch die Aufenthaltsqualität der Anwohner, listete Sabine Rechenberg als Betroffene auf. Die 2017er-Lärmkarte der Landesanstalt für Umwelt zeige für 24 Stunden täglich eine Überschreitung der Grenzwerte für den Anlieger-Bereich der Zollfreien auf. Das fehlende Tempolimit bringe außerdem nur einen Zeitgewinn von 44 Sekunden auf der Strecke in Weil am Rhein. Und: „Eine Einfädelung auf die Zollfreie bei dem Tempo-Limit 100 ist lebensgefährlich.“ Die Forderung nach einem besseren Lärmschutz zog sich neben konkreten Nachfragen durch die Äußerungen wie ein roter Faden.

Zugleich sind die Betroffenen sauer. „Die Zollfreie ist ein Politikum und nun will man die Straße attraktiv halten“, wobei Simon Brandmeier eine Lärmschutzwand und eine Tempo-Reduzierung für zwingend notwendig hält.

Berechnet statt gemessen

Dem Lärmaktionsplan liegen Berechnungen und keine Messungen zugrunde, schilderte Erster Bürgermeister Christoph Huber – wie bereits im Bau- und Umweltausschuss eine Woche zuvor (wir berichten) – die Grundlage für die dritte Stufe des Lärmaktionsplans. Es handle sich erst einmal um einen Entwurf, der in die Offenlage gehe, womit Kritik und Anregungen in den kommenden Wochen möglich sind. Was neben einer Ausweitung von Tempo 30 in der Stadt am Ende als Ergebnis für die Zollfreie stehe, könne er noch nicht sagen – also ob das Regierungspräsidium Tempo 70 möglich macht, eine Lärmschutzwand errichtet werden kann oder Spezial-Fenster bei den Betroffenen eingebaut werden.

Tempo 50 aus 1950ern

Huber animierte die Anwohner dazu, Stellung zu beziehen. Dass bei der Bahnstrecke entlang der B 3 in Höhe der Friedensbrücke sogar Lärmschutzwände errichtet werden, sei dem Fakt geschuldet, dass dort eine Neubaustrecke entsteht, womit andere Vorschriften einzuhalten seien, schilderte Huber. Die Leopoldshöhe werde so von dem Schall der Züge geschützt.

Die Frage der grundsätzlichen Tempo-Reduzierung von Tempo 50 auf Tempo 30 sieht Oberbürgermeister Wolfgang Dietz hingegen beim Bund passend aufgehoben. Der Bundesebene „fehlt es an Mut“, meinte Dietz. So würden die Regeln noch aus den 1950er-Jahren stammen. „Wir sind an die Rechtslage gebunden.“ Einen Lärmschutzplan alleine hält der OB nur bedingt für geeignet, mehr Maßnahmen als Pläne seien zielführender.

Die Stellungnahmen

Verständnis für die gewünschte Tempo-Reduzierung auf der Zollfreien äußerte Wolfgang Roth-Greiner (FDP). Auch mögliche Lärmschutzwände seien wichtig. Die Berücksichtigung von Lärmmittelpegeln schließe die gebührende Berücksichtigung von Spitzenwerten aus, kritisierte der Stadtrat.

Gut, dass man mit der Tempo-Reduzierung im größeren Bereich über den Lärmschutzplan nun voran komme, freute sich Thomas Harms (FDP). „Das Ergebnis ist das Wichtigste.“ Seine Überlegungen, den Gutachter noch stärker mit der Zollfreien zu betrauen und sozusagen damit zu beauftragen, das passende Ergebnis zu liefern, wurde sowohl von OB Wolfgang Dietz („Wir bewegen uns nicht in Nordkorea“) als auch von Axel Schiffmann („ein unerträglicher Aufruf zum rechtswidrigen Handeln) scharf zurückgewiesen.

Das RP entscheide nach Rechtslage, schilderte Dietz. Dass, wer ein Gutachten bestelle, das passende Ergebnis bekomme, sei eine „Stammtischparole“. Die Methodik könne infrage gestellt werden, doch objektiv werde es nach der Gesetzeslage vorgenommen. „Wir müssen den Menschen die Rechtsnorm vermitteln, die wir nicht gesetzt haben“, bat der OB um Verständnis.

Zumindest sei der db-Wert schon leicht um fünf heruntergesetzt worden, was mehr Tempo 30 in der Stadt möglich mache, so UFW-Stadtrat Schiffmann.

Stadt misst Anzahl

Die Tempo-Kontrolle ist Sache der Landespolizei, erinnerte Huber. „Wir haben aber Interesse daran, den Anwohnern einen Schutz zukommen zu lassen.“ Daher seien auch Verkehrszahlen erhoben worden, als Argumentationsgrundlage für den Baulastträger, also den Bund, konkret das Regierungspräsidium Freiburg als dessen handelnde Behörde.

„Die Einwände der Bürger werden zu Recht geäußert“, erklärte Johannes Foege (SPD). Es werde zugleich EU-Recht umgesetzt, erklärte er in Richtung von Harms.

Eine Tempo-Reduzierung reicht nicht aus, erklärte Claus Weibezahl (CDU). Vorschläge und Forderungen zu formulieren, sei daher wichtig. „Mit Schildern allein ist es da nicht getan.“

OB Dietz will sich des Themas Zollfreie annehmen, versicherte er in Richtung der Anwohner. „Sich darum zu kümmern, heißt aber nicht, Recht geben.“

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