Weil am Rhein Zu schön um es dazulassen

Thomas Loisl-Mink
Begehrte Sammlerstücke Foto: Mark Niedermann

Gelegenheit macht Diebe: Ein 40-Jähriger, der im Vitra-Haus beschäftigt war, hat da mindestens 293 Designer-Produkte im Wert von gut 38 000 Euro gestohlen. Jetzt wurde er zu 14 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.

Der 40-jährige Angeklagte hatte von März 2015 an über eine externe Firma im Café des Vitra-Hauses gearbeitet. Weil er da auch Zugriff auf die Lagerbestände hatte, kam er vermutlich im Herbst 2020 auf die Idee, Gegenstände zu stehlen, um sie seiner Frau zu schenken. Er versuchte damit, seine Ehe zu retten. Geschenke im Wert von mehr als 14 000 Euro hat er seiner Frau gemacht, alles hat er bei Vitra aus dem Lager gestohlen. Seine Ehe hat das jedoch auch nicht mehr gerettet.

Später, als er wegen Corona in Kurzarbeit kam und das Geld nicht mehr ausreichte, kam er auf die Idee, noch mehr Dinge aus dem Lager zu stehlen und sie bei Ebay zu verkaufen. Weitere Gegenstände im Wert von mehr als 23 000 Euro nahm er dazu an sich. Die Liste der gestohlenen Designerwaren, die der Staatsanwalt auflistete, war ellenlang. Sie umfasste unter anderem Dekoartikel, Stuhlminiaturen, Küchenutensilien, Uhren, Kissen, Lampen oder einen Nachttisch, 293 Gegenstände insgesamt.

Der Angeklagte gab alles zu. „Es war eine Kurzschlusshandlung, ich habe die Sachen in meinen Rucksack eingesteckt und mitgenommen“, sagte er vor Gericht. Am Anfang sei ihm nicht klar gewesen, dass die Dinge sehr teuer waren. Später schon, aber er habe nicht groß darüber nachgedacht. Wie oft er Gegenstände mitgehen ließ und wie viele auf einmal, konnte er nicht mehr sagen. Es waren viele kleine Dinge dabei, aber auch einige sperrige Sachen. Die Staatsanwaltschaft ging zu seinen Gunsten von 20 einzelnen Diebstahlstaten aus. Dem schloss sich das Gericht am Ende an, wahrscheinlich aber waren es mehr einzelne Diebstähle.

Aufgeflogen ist das Ganze erst nach Monaten, als jemand im Vitra-Haus meldete, bei Ebay würden große Mengen an Gegenständen aus dem Vitra-Shop zum Verkauf angeboten, berichtete eine Mitarbeiterin von Vitra. Schnell war klar, dass es ein Mitarbeiter war, der die Sachen verkaufte, denn er tat das bei Ebay unter seinem richtigen Namen. Weiterhin stellte man bei Instagram fest, dass auf Bildern aus der Wohnung der Frau des Angeklagten viele Produkte von Vitra zu sehen waren, berichtete die Mitarbeiterin. Bei Nachprüfungen stellte sich heraus, dass so viele Dinge nicht verkauft worden waren und dass Bilanzen und Lagerbestände nicht übereinstimmten. Damals, sagte die Mitarbeiterin, sei der Diebstahl relativ einfach gewesen. Wegen des regen Betriebs sei die Tür zum Lager immer offen gewesen. Jetzt sei die Tür geschlossen, man komme nur noch mit Zugangskarte hinein.

Im August 2021 erstattete Vitra Anzeige, der Angeklagte wurde entlassen. Die Polizei durchsuchte die Wohnung des inzwischen von seiner Frau getrennt lebenden Angeklagten und die Wohnung der Frau. Der Angeklagte habe zunächst auf Klingeln nicht reagiert, dann wollte er die Beamten in die Wohnung lassen, dann wieder nicht und schließlich doch und habe dann ganz fröhlich alle gestohlenen Gegenstände zusammengesucht, berichtete eine Polizistin vor Gericht. Viel Hochwertiges sei dabei gewesen, Rechnungen konnte er dafür nicht vorweisen. Seiner Frau habe er gesagt, er habe die Sachen mit Rabatt gekauft oder geschenkt bekommen, berichtete die Polizistin.

Der Prozess war bereits zweimal angesetzt gewesen, konnte aber nicht stattfinden, weil der Angeklagte nicht erschienen war. Beim zweiten Mal hatte das Gericht Haftbefehl erlassen, weshalb der Angeklagte nun anwesend war. Staatsanwalt Thomas Müller ging bei etwa der Hälfte der Taten von einfachen Diebstählen aus, nämlich dort, wo der Angeklagte die Dinge seiner Frau geschenkt hatte. Die weiteren Fälle seien besonders schwere Diebstähle, da sie gewerbsmäßig begangen wurden, nämlich um die Sachen weiterzuverkaufen. Insgesamt forderte der Staatsanwalt ein Jahr und zwei Monate Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden können, da der 40-Jährige nicht vorbestraft war. Verteidiger Frank Berlanda wies darauf hin, dass der Angeklagte die Dinge unter seinem richtigen Namen verkauft und nichts beiseite geräumt hat, obwohl er damit rechnen musste, dass die Polizei kommt. Er hielt eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten für angemessen.

Das Gericht verurteilte den Angeklagten wegen 20 Diebstählen zu einem Jahr und zwei Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung. Mehr als 38 000 Euro sind eine hohe Summe, weshalb eine hohe Strafe sein müsse, sagte Richter Jens Münch. Als Bewährungsauflage muss der Angeklagte 1500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading