Die Medizin will aber weiter: Der Genforscher Francis Collins vom National Institutes of Health in den USA hält es für möglich, dank der Erbgut-Analyse auch maßgeschneiderte Medikamente zu entwickeln. Er verglich unlängst die klassische Krebstherapie mit einem Flächenbombardement. „Was wir aber wollen, sind Angriffe mit zielgenauen Waffen.“ So könnten sich künftig mehr unnötige Therapien vermeiden lassen.
Doch die Entwicklung dieser Waffen ist teuer. Zwar sind die onkologischen Mittel das am stärksten wachsende Segment bei den Medikamenten. Doch der Wiesbadener Mediziner und Wirtschaftswissenschaftler Michael Schlander warnt: Neu entwickelte Mittel, die nur bei wenigen angewendet werden können, werden zu steigenden Kosten für den einzelnen Patienten führen. Zugleich aber die Forschungs- und Entwicklungskosten für die Pharmaindustrie vergleichbar sind mit denen anderer Mittel.
„Kunst wird darin bestehen, für den einzelnen Patienten herauszufinden, welche Kombination bei ihm wirkt“
Daher fürchten Kritiker, dass die Qualitätssicherung der Medikamente aufgrund der Individualisierung leiden wird. Normalerweise muss ein neues Krebsmedikament in einer aufwendigen Studie gegen die klassische Therapie antreten. Der Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, Wolf-Dieter Ludwig, ist überzeugt: Mit der personalisierten Medizin können sich Hersteller diesen Aufwand und damit viel Geld sparen. Denn wenn jede Krebserkrankung als einzigartig angesehen wird, werden auch die Medikamente dagegen als Mittel gegen „seltene Krankheiten“ angesehen. Und diese müssen laut Gesetzgeber nicht so streng geprüft werden.