Zell im Wiesental Das höchste Ereignis im Jahreslauf

Markgräfler Tagblatt

Serie Zeller Fasnacht Teil 3: Maskierung und Kostümierung an der Zeller Fasnacht

Fast 400 Jahre alt ist die Zeller Fasnacht. Seit spätestens den 1870er Jahren wird die Fasnacht mit Umzügen und Saalveranstaltungen bis heute ähnlich durchgeführt. Fast jedenfalls. Einiges hat sich geändert, Neues kam hinzu, manch Altes ist auch auf der Strecke geblieben.

Von Uli Merkle

Zell. Eines hat sich erhalten: Fasnacht ist für die meisten Zeller das höchste Ereignis im Jahresablauf. Jedenfalls fast immer. Dieses Jahr wird die Fasnacht eine andere sein. Dies ist der dritte Teil einer kleinen Artikelserie, in dem das Thema Maskierung und Kostümierung früher und heute beleuchtet werden soll.

Die Anonymität, die eine Maskierung bietet, und das Schlüpfen in eine andere Identität durch Verkleiden waren seit dem Entstehen der Fasnacht im 13. Jahrhundert bis ins 17. Jahrhundert eine Voraussetzung, um überhaupt Fasnacht zu machen. Die Maskerade diente ursprünglich dazu, unerkannt verbotene oder zumindest verwerfliche Dinge zu tun. Spätestens die von Köln Anfang des 19. Jahrhunderts ausgehende „Neuordnung des Karnevals“ änderte dies gravierend.

An das Anarchische des Mittelalters erinnern heute nur noch wenige Bräuche oder Symbole, wie beispielsweise die Saublodere. Im 19. Jahrhundert kamen Kostüme, vor allem aus der italienischen Opernwelt, in Mode. Auch in Zell waren Verkleidungen als Bajazzo, Harlekin oder Domino sehr beliebt. Es gab dabei nur ein Problem: Die meisten Zeller konnten sich als Fabrikler solche Kostüme schlichtweg nicht leisten. So musste man sich irgendwie mit einfachen Mitteln helfen. Dabei kamen oft die alten Kleider der Oma zum Einsatz. Einen alten Rock, ein abgetragener Tschobe und eine zerschlissene Schürze konnte jeder irgendwie auftreiben. Dazu kam eine Pappmaché-Maske und als Requisit ein Kochlöffel. Fertig war die Alte. So ging man an die Saalveranstaltungen und an Maskenbälle. Da wurde dann tüchtig gschnurrt und gstrählt, also unerkannt anderen die Leviten gelesen und manch Unliebsames grätscht.

Wenn auch die Kostümierung inzwischen professioneller und aufwendiger wurde, hat sich diese Art des Fasnachtmachens bis heute in Zell am Fasnachtsdienstag erhalten. Bis in die 1980er Jahre waren Preismaskenbälle in Zell mit die Höhepunkte der Fasnacht. Alleine in der Stadthalle waren vier solcher Veranstaltungen stets ausverkauft. Heute gibt es mit „Fasnacht wie in alte Zite“ nur noch eine solche Veranstaltung, die diese Tradition aufrecht erhält.

Ein Grund hierfür könnte sein, dass es in den vergangenen beiden Jahrzehnten eine Verschiebung des Schwerpunkts bei der Kostümierung in Richtung der beiden großen Fasnachtsumzüge gab. Hier sind die Kostümierungen der Umzugsteilnehmer immer aufwendiger und ausgefeilter geworden. Dabei trat die Maskierung in den Hintergrund. Es geht dabei eher um die Darstellung und das Spielen des selbst gewählten Themas, das die Vogteien nicht nur mit dem Umzugswagen, sondern auch immer mit einer Fußgruppe darstellen. Dazu kommen außerdem die reinen Fußgruppen, die den Umzug bereichern. Das heißt, dass bei allen Vogteien und Gruppierungen nach der Festlegung des eigenen Themas und Mottos für den Umzug sich neben den Wagenbauern auch eine Gruppe bildet, die für die Kostümierung verantwortlich zeichnet.

Während sich weitgehend Männer um den Wagenbau bemühen, zeichnen bei der Herstellung der Kostüme überwiegend Frauen verantwortlich. Hier werden Schnitte entworfen, Stoffe und Materialien beschafft, genäht und konfektioniert. Dabei gibt es in den Vogteien durchaus unterschiedliche Organisationsformen. Die hängen im Wesentlichen davon ab, ob am Umzug von allen Teilnehmern das gleiche Kostüm getragen werden soll oder ob es individuell ausgestattete einzelne Darsteller oder mehrere kleinere Themengruppen gibt.

Geradezu professionalisiert gehen da beispielsweise die Vogtei Paradies und die Narrenzunft Gresgen vor. Beide haben im Obergeschoss ihres Wagenbauschopfs beziehungsweise Weideschuppens eine bestens ausgestattete Näherei. In den Wochen vor Fasnacht sind hier allabendlich durchschnittlich jeweils bis zu acht Damen beschäftigt. Gela Steidinger und Elvira Senn-Klöcker entwerfen für die Paradiesler zuerst einen Prototyp, dann beginnt die Produktion von bis zu 100 gleichen Kostümen. Ähnlich handhaben dies auch die Gresger Narren. Dort sind es Christel Lehmann und Beate Wassmer, die sich um den Schnitt, das Material und die Ausführung der Kostüme kümmern.

Andere Vogteien gehen teilweise individueller vor, so dass praktisch jeder Teilnehmer zwischen verschiedenen Rollen wählen und dementsprechend sein Kostüm ausgestalten kann. Aber auch dies setzt eine gewisse Organisation voraus, denn zum Umzug muss alles ja wieder optisch zusammenpassen und dem Thema gerecht werden. So werden etwa bei der Vogtei Sunneland verschiedene Rollen am Umzug definiert. Dadurch entstehen verschiedene Kleingruppen, deren Mitwirkende jeweils das gleiche Kostüm tragen. Diese werden auch innerhalb jeder dieser Gruppen eigenverantwortlich entworfen und realisiert. Dabei werden die Näharbeiten in aller Regel an heimischen Nähmaschinen vorgenommen. Wer dazu keine Möglichkeit hat, kann sich, ausgestattet mit Schnittmuster und Stoffen, Hilfe innerhalb der Vogtei oder bei einer externen Schneiderei holen. Je nachdem kann diese Hilfe an Fasnacht mit einem Achteli und einem Schmutz abgegolten oder die Rechnung der Schneiderei muss direkt beglichen werden. Ganz egal, wie die Kostüme schlussendlich entstehen, bei allen Zusammenkünften und Arbeiten kommt die Geselligkeit nirgends zu kurz und schweißt die einzelnen Gruppen zusammen.

Sehr unterschiedlich fallen die Kosten für Kostüme aus. Die Vogtei Paradies und die Narrenzunft Gresgen subventionieren die Kostüme für ihre Mitwirkenden. Zwischen zehn bis 20 Euro muss ein Umzugsteilnehmer für ein maßgeschneidertes Kostüm berappen. In anderen Vogteien kann dies schon mal erheblich teurer werden. Bei einem individuellen Kostüm können da auch mal mehrere hundert Euro anfallen. Zumal zum fertigen Outfit ja nicht nur ein Kostüm, sondern auch Schuhe und irgendwelche Requisiten gehören, die selbst fabriziert oder beschafft werden müssen.

So entstehen jedes Jahr viele hunderte von Fasnachtskostümen, die in aller Regel nur zwei Tage getragen werden. Das heißt, Speicher und Schränke von Zeller Fasnächtlern sind vollgestopft mit Kostümen und Requisiten der vergangenen Jahre. In diesem Jahr surren keine Nähmaschinen in Zell. In den Nähereien der Vogteien, in privaten Haushalten oder den Schneidereien entstehen keine neuen Kostüme. Sollte aber, allen Unkenrufen zum Trotz, ganz plötzlich eine Fasnacht möglich sein, dann könnte sich jeder blitzschnell aus seinem eigenen Fundus hervorragend ausstatten. Fürs Fasnachtmachen sind Zeller allzeit bereit.

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