Zell im Wiesental Die Großen bestimmen den Markt

Gerald Nill

Holzmarkt: Experten äußern sich zu Zusammenhängen, Problemen und Entwicklungen

Heimische Waldbesitzer mit Fichtenholz müssen ihren Bestand praktisch zum Nulltarif abgeben und Bauholzpreise schießen gleichzeitig durch die Decke. Im Baumarkt kostet ein einziges Brett Fichtenholz aktuell so viel wie zuletzt ein ganzer Ster Rohholz, nämlich 20 Euro. Wie kommt die „Vertausendfachung“ des Holzwertes auf dem Weg vom Wald zum Kunden zustande?

Von Gerald Nill

Wiesental. Wie so oft: Die „Dummen“ sind die Kleinen. Michael Meyer-Heisig von der Forstbetriebsgemeinschaft Dreiländereck, die bis vor Kurzem auch für das Kleine Wiesental zuständig war, meint: „Historisch bedingt haben wir es mit Tausenden von sehr kleinen Waldbesitzern zu tun, die im Durchschnitt nur zwei Hektar Wald haben.“

Preise werden diktiert

Auf der anderen Seite stehen immer mächtigere Sägewerke und die globalen Märkte als Gegenspieler, die die Preise letztlich beinahe nach Belieben diktieren.

Und dann kamen die Dürrejahre und die Borkenkäferinvasion: „Deutschland saß auf Holzmengen ohne Ende.“ Und der Preis purzelte ins Bodenlose bis auf unter 20 Euro je Festmeter Fichte. Dass bei solchen Tarifen nicht einmal der Stundensatz für das Arbeitsgerät hereinkommt, liegt auf der Hand.

Meyer-Heisig erinnert sich noch gut, wie er zur Abendbrotzeit bei den Waldbesitzern anrief und ihnen die Laune beim Essen verderben musste. „Tut mir leid“, teilte er den Bauern mit, „statt Erlös gibt’s eine Negativabrechnung.“

Bezirksförster Sven Hendrik Wünsch vom Forstrevier Maulburg differenziert: „Es gibt nicht den einen Holzmarkt, sondern verschiedene, unabhängige, je nach Sortiment, also Baumart und Qualität existierende Märkte, die in aller Regel historisch bedingt global sind und fast vollständig den Gesetzen des freien Marktes unterliegen.“ Es gibt zum Beispiel den Papierholzsektor oder den Nadel-Bauholzsektor.

„Unser Hauptsortiment im Südschwarzwald ist Fichten- und Tannen-Stammholz für Sägewerke. Dort ist die Entwicklung von vielen kleinen und mittleren Sägewerken zu sehr großen Werken gegangen“, so Wünsch weiter. „Das heißt, diese wenigen Großen bestimmen ziemlich den Markt.“

Meyer-Heisig ergänzt, dass es im Landkreis Lörrach nur noch ein nennenswertes Sägewerk gibt und von daher Abhängigkeiten bestehen. Im Umkreis von 100 Kilometern existieren noch fünf Sägewerke. Wie lange noch? Das Holzgeschäft dominieren die Riesen wie der Egger-Konzern, bei dem das Stammholz mit unvorstellbaren 120 Stundenkilometern durch die Säge rast.

Die Konzentration der Sägewerke schreitet weiter voran. Als Amerika sich mit Kanada überwarf und ganze Schiffsladungen mit deutschem Holz kurzerhand in die USA umgeleitet wurden, vervielfachte sich der Holzwert auf dem Weg laut Meyer-Heisig auf 1000 Dollar je Kubikmeter.

Diese Beobachtung teilt Wünsch: „Diese großen Sägewerke haben in den letzten drei Jahren aber auf alle Fälle sehr gut verdient. Sie konnten günstig Stammholz einkaufen und zu nie da gewesenen Schnittholzpreisen verkaufen.“ Das China-Geschäft mit Käferholz habe sich eigentlich nur deshalb entwickelt, weil so ein großes Überangebot da war. „Konkurrenz zu den europäischen Sägern war das eher nicht“, so Wünsch.

Die Sägewerke, die die Rohware zum Spottpreis bekommen hatten, ließen sich die Ware also vergolden. Wohin mit dem Profit? Den Experten ist klar, dass die aggressiv auftretenden Großsägereien weitere Werke aufkaufen und dadurch ihre marktbeherrschende Position eher noch ausbauen werden. Die Forstbetriebsgemeinschaften sitzen zwischen den auseinander driftenden Stühlen des Holzmarkts und müssen geschlossene Verträge erfüllen, oft zähneknirschend.

Auch Benedikt Debes von der Forstbetriebsgemeinschaft Todtnau (FBG) argumentiert, dass selbst seine Organisation, die im letzten Jahr 120 000 Festmeter Holz verkauft hat, „keine Chance gegen die Marktmacht global agierender Sägereien“ hat. „Für die ist unsere Menge Peanuts.“ Natürlich seien schwankende Preise ein Ärgernis. Auch als der Preis im letzten Sommer auf 75 Euro fürs Käferholz stieg, gab es Unmut. „Da hieß es von Waldbauern, ich habe von meinem Nachbarn gehört, dass er doppelt soviel für sein Holz bekommen hat“ und die FBG ist im Rechtfertigungsdruck.

Wohin geht der Holzpreis langfristig? Förster Wünsch stellt fest, „dass der Holzpreis in diesem Segment sehr stark von knapp 20 Euro je Kubikmeter in den letztjährigen Käferholzzeiten bis zu über 120 Euro, als vor kurzem das Holz sehr gefragt war, schwankt“. Wünsch ist aber nicht ohne Hoffnung: „Allerdings vermute ich aufgrund der zunehmenden Knappheit von Fichte durch Ausfall wegen Käfer und Sturm, dass dort die Holzpreise mittelfristig steigen werden.“

Das Blatt wendet sich

Wünsch abschließend: „Als Fazit lässt sich sagen: es gibt so gut wie keine Regulierung und einen globalen freien Wettbewerb, aber die Waldbesitzenden haben von den enormen Schnittholzpreisen nicht profitiert und die großen europäischen Sägewerke sind die Gewinner.“

Sein Blick in die Glaskugel: „Zur Zeit ist die Situation für die Waldbesitzenden wieder deutlich erfreulicher. Die Märkte scheinen sich etwas zu beruhigen und alle Sortimente lassen sich für befriedigende bis sehr gute Preise absetzen.“

Auch Debes sieht bei aktuell 55 bis 60 Euro eher steigende Preise, weil selbst altes Käferholz aus dem Wald geräumt ist und der Markt nach Nachschub lechzt. „Wir bekommen jetzt Anfragen von den Sägewerken“, so Debes, „das Blatt wendet sich.“

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