Zell im Wiesental „Holadio, d’Zeller sin froh“

Uli Merkle

Zeller Fasnacht: Serie Teil 3: Ohne Musik geht es nicht / Narrenmarsch und Hüruslied

Zell - Fast 400 Jahre alt ist die Zeller Fasnacht. Seit spätestens den 1870-er Jahren wird die Fasnacht mit Umzügen und Saalveranstaltungen bis heute ähnlich durchgeführt. Fast jedenfalls. Einiges hat sich geändert, Neues kam hinzu, manch Altes ist auch auf der Strecke geblieben.

Eines hat sich erhalten: Fasnacht ist für die meisten Zeller das höchste Ereignis im Jahresablauf. Jedenfalls fast immer. Dieses Jahr wird die Fasnacht eine andere sein. In unserer Artikelserie über die Zeller Fasnacht geht es heute um Musik und ums Musizieren. Denn Fasnacht geht nur mit Musik: „Holadio, d’Zeller sin froh“.

An der Entwicklung der Zeller Fasnacht hat die 1845 gegründete heutige Stadtmusik einen gewaltigen Anteil. Zumindest ab 1880 spielte sie, damals noch unter dem Namen „Musikverein Zell“, bei Umzügen und fasnächtlichen Saalveranstaltungen anderer Vereine. Der Musikverein selbst veranstaltete in den 1920-er Jahren zur Fasnachtszeit Konzerte „mit Belustigung“ in den damaligen Wirtshaussälen von Kranz (heute Escopazzo) und Löwen.

Auch die Feuerwehrmusik Zell war in dieser Zeit an Fasnacht aktiv. Im Jahr 1937 fusionierten der Musikverein und die Feuerwehrmusik zur „Stadtmusik Zell i. W. 1845 e. V.“ Bis heute, also seit mindestens 140 Jahren, ist die Stadtmusik ein fester Bestandteil der Zeller Fasnacht.

Dabei gingen aus ihr immer wieder neue Formationen hervor. Ab den 1950-er Jahren war es das Tanzorchester der Stadtmusik, das später zur „Inneren Abteilung“ wurde. Diese war bis in die 1970-er Jahre eine nicht nur an Fasnacht beliebte Tanzkapelle. Daraus gingen schlussendlich die „Zeller Musikanten“ und die Wildsaumusik hervor.

Seit 1977 existiert die Hürusmusik. Damals waren es nur Hanspeter Kummerer mit seiner Posaune und Michael Geiger mit dem Bass, die den Hürus rund um die Uhr begleiteten. Heute ist die Hürusmusik personell fast identisch mit der Wildsaumusik. Sie gilt als persönliches Orchester des jeweiligen Hürusses und ist Tag und Nacht im Einsatz, während die Stadtmusik ganz offiziell an allen Umzügen in Zell vorangeht.

Eine Attraktion ist die Hürusmusik alljährlich beim Maskenball „Fasnacht wie in alte Zite“. Da sorgen sie den ganzen Abend mit verschiedenen musikalischen Einlagen für Hochstimmung. Es gibt an Fasnacht in Zell, außer den einzelnen Chappeobe der Vogteien, also keine Veranstaltung ohne Stadtmusik oder Abordnungen davon.

Am Ölfte Ölfte 1959 präsentierte die Fasnachtsgesellschaft den neu gegründeten Fanfarenzug. Dass dies bevorstand, wusste man in Zell da bereits schon. Denn die ersten 16 Aktiven probten die Wochen zuvor im Kühloch, was man im Städtli gut hören konnte. Die Kostüme des Fanfarenzugs wurden 1964 vom Zeller Künstler Kurt Winkler in Anlehnung an eine Landsknechtuniform entworfen.

Der Fanfarenzug, seit 1991 ein selbstständiger, eingetragener Verein, ist selbstverständlich bei allen offiziellen Anlässen der Fasnachtsgesellschaft dabei und es gibt keinen Hüruseinmarsch ohne ihn. Der Fanfarenzug hat sich inzwischen zu einem echten Aushängeschild für die Zeller Fasnacht entwickelt. Mit seinen Auftritten in der ganzen Welt ist er ein sympathischer Botschafter auch für die Stadt Zell geworden.

Den Narrenmarsch kennt jedes Kind

Mit den „Zeller Noteknacker“ hat die Fasnacht in Zell auch eine eigene Guggemusik. Bei der Gründung 1986 wurde diese Art des Musikmachens im traditionsbewussten Zell nicht von allen geliebt. Doch einige junge Fasnächtler ließen sich nicht beirren und bauten die „Zeller Noteknacker“ kontinuierlich auf.

Inzwischen hat die Guggemusik in Zell und in der weiteren Region viele Fans und ist fester Bestandteil der Zeller Fasnacht. Viel Publikum ziehen sie nach dem Umzug am Fasnachtssonntag an, wenn sie im Epizentrum der Fasnacht, auf dem Latschariplatz, ein spontanes Konzert geben.

Zu diesen Musikformationen kommen noch die Musikvereine aus den Ortsteilen hinzu. Sowohl für den Musikverein Atzenbach als auch für die Musikvereine Gresgen und Mambach ist es eine Selbstverständlichkeit, am Fasnachtsumzug dabei zu sein. Dazu gehört auch immer eine zum jeweiligen Umzugsthema des Ortsteils oder zum Fasnachtsmotto passende Kostümierung. Auch bei den jeweiligen Fasnachtsveranstaltungen in den Ortsteilen spielen diese Musikvereine auf.

Musikmachen ist die eine Sache. Die andere ist es, auch eigene Stücke und Lieder zu haben. Da haben die Zeller ein übergroßes Repertoire. Gäbe es eine ewige Hitparade, läge der Zeller Narrenmarsch sicher seit Jahrzehnten auf Platz Nummer eins. Dieser Marsch wurde 1935 von Rudolf Schneider komponiert. Er war damals der musikalische Leiter der heutigen Stadtmusik.

Eben dieser Stadtmusik und den Zeller Fasnächtlern scheint der Narrenmarsch auf den Leib, oder besser, auf die Seele geschrieben zu sein. Den Text kennt in Zell jedes Kind in- und auswendig. Der Text stammt von Rudolf Schneider und Josef Kunzelmann. Im Jahr 1968 musste dieser allerdings etwas angepasst werden, denn bis dahin kam der Prinz Karneval darin vor. Ab der ersten Machtübernahme eines Hürusses im selben Jahr lautet die vierte Strophe: „Wenn de Hürus dued regiere, chömme d’Zeller hintefüehre“.

Ein weiterer Fasnachtshit ist das Hüruslied, das Hermann Räuber im Jahr 1974 schuf. Zu den Klassikern der Musikstücke gehören auch die einzelnen Vogteilieder. Jede einzelne Vogtei hat da ihr eigenes Lied, das fast wie eine Hymne in Ehren gehalten und bei jeder Gelegenheit zu Gehör gebracht wird.

Die legendären Latscharisänger haben diese Vogtei-Lieder bereits in den 1980-er Jahren als Musikkassette und später auf CD veröffentlicht. Überhaupt waren es die Latscharisänger, die über Jahrzehnte hinweg zu jedem Ölfte Ölfte neue Lieder präsentierten, die aus der Feder von Hermann Räuber kamen. Darunter sind noch heute echte Gassenhauer.

In den vergangenen Jahren kamen stets auch neue Lieder von Dieter Kunzelmann und Klaus Schultheiß hinzu, die sich blitzschnell über die neuen Medien verbreitet haben und bei manchem jungen Fasnächtler obligatorisch auf seiner Playlist zu finden sind.

Zu dieser Generation von Musikern gehört auch Christoph Köpfer. Der Zeller Musiker und Komponist schreibt zwar keine expliziten Fasnachtslieder, aber mit seinen Liedern in alemannischer Mundart können sich viele Zeller identifizieren.

Dieses Jahr wird die Fasnacht ruhiger sein. Ganz ohne Musik aber wohl eher nicht. Von Balkonen und aus Fenstern können einzelne Musiker ja spielen. Dass das funktioniert, hat die Hürusmusik bereits am Palmsamstag gezeigt. Da ertönte beim ersten virtuellen Hürustreffen auch das Hüruslied - von jedem Instrument aus einer anderen Richtung. Quasi multistereo.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading