Sobald sie selbst dann soweit war, gab Rana diese Erfahrungen denn auch direkt weiter: Sie gab Nachhilfestunden für Flüchtlinge, übersetzte an Elternabenden aus ihrer Muttersprache – dem Arabischen – ins Deutsche, und hatte grundsätzlich ein offenes Ohr für diejenigen in der Klasse oder im Umfeld, die es – aus welchem Grund auch immer – nicht einfach hatten. „Ich weiß ja wie das ist“, sagt sie.
Dem aufmerksamen Blick der Lehrer an der Schopfheimer Gemeinschaftsschule, ihrer Ermutigung und Motivation ist es denn auch zu verdanken, dass Ranas Schulkarriere den Turbo einlegte, nachdem es anfangs wegen der fehlenden Sprache ausgesprochen zäh war: Obwohl vom Alter und von ihrer Schullaufbahn im Sudan her bereits Siebtklässlerin, musste Rana bei ihrer Ankunft um Pfingsten herum wegen der fehlenden Sprache in der 5. Klasse einsteigen – und wurde am Ende des Schuljahrs sogar noch ein weiteres Mal zurückgestuft. Nach etwa einem Jahr jedoch passte es (auch) mit der Sprache – so weit, dass aus einer Schnupperwoche der Quereinstieg in die Montfort-Realschule in Zell gelang, und nun eben der Weg aufs WG. Was daraus dann werden soll – welches Studium, welcher Beruf, – ist noch offen. Aber was es auch immer wird: „Ein Wirtschaftsabi ist sicher eine gute Grundlage“, findet Rana.
Zahlreiche Brüche, Wechsel und Neuanfänge also bestimmen den Weg Ranas bis heute – und dank ihrer Offenheit und Begeisterung hat sie offenbar aus allem immer auch Positives mitgenommen. Freunde vor allem, und dazu jede Menge Erfahrungen und die Zuversicht, dass Dinge sich zum Guten wenden und wenden lassen.
Dieser Hintergrund sorgte letztlich auch dafür, dass sie trotz dem anfänglichen Zweifeln ihre Bewerbung für „Talent im Land“ wagte und die Jury in einem mehrstufigen Auswahlverfahren – vom Motivationsschreiben, übers Aufgabenlösen in der Gruppe bis hin zum Einzelgespräch – von sich überzeugte.
„Als die Nachricht kam, dass ich aufgenommen bin, war das einer der schönsten Momente überhaupt. Ich bin einfach glücklich, da dabei sein zu dürfen“, erzählt Rana, und kann ihr Glück darüber offenbar noch immer nicht recht fassen. Eine wichtige Erfahrung hat ihr das Ganze schon jetzt gegeben: „Man sollte nicht zu lange überlegen und an sich zweifeln: Bin ich gut genug? Man muss es einfach versuchen.“ Und genau das will sie nun auch anderen vermitteln – und hat da als erstes ihre kleine Schwester im Visier: „Die passt da noch viel besser hin als ich.“
In diesem Sinne hat Rana denn doch auch jetzt schon eine Antwort auf die Frage nach ihren Zielen: „Ich will unbedingt, dass das ,was ich mache, andere berührt und inspiriert. Ich möchte gerne für andere ein Beispiel sein und ihnen helfen. Ich möchte ihnen zeigen, dass sie alles erreichen können, was sie sich wünschen, egal woher sie kommen, wie sie aussehen und was ihnen die anderen sagen.“
Unter dem Motto „Talent kennt keine Herkunft“ werden im Rahmen des TiL-Programms besonders talentierte Jugendliche unterstützt, die aufgrund ihrer sozialen Herkunft Hürden zu überwinden haben auf ihrem Weg zum Abitur oder zur Fachhochschulreife.