Zell im Wiesental Mit kleinen Schritten viel erreicht

Markgräfler Tagblatt
Nach 16 Jahren an der Spitze der Stadt Zell verabschiedet sich Rudolf Rümmele vom Bürgermeisterdasein. Foto: Peter Schwendele Foto: Markgräfler Tagblatt

Bürgermeister-Abschied: Rudolf Rümmele verlässt nach 16 Jahren das Zeller Rathaus

Seine Tage im Zeller Rathaus sind gezählt, und der Abschied fällt Rudolf Rümmele nach eigenem Bekunden nicht schwer. Losgelöst von den permanenten Anforderungen und dem Termindruck der vergangenen 16 Jahre will der Noch-Bürgermeister ein neues Kapitel seines Lebens aufschlagen – zunächst ohne offizielle Zwänge. „Ich will ein bisschen freier werden und andere, spannende Dinge erleben“, sagt Rümmele.

Von Peter Schwendele

Zell. Zwei Amtsperioden lang, seit 2001, hat der gebürtige Häg-Ehrsberger die Geschicke der Schwanenstadt gelenkt, am kommenden Donnerstag, dem 30. November, ist Schluss. Rümmele hat gespürt, dass diese Zeit Kraft gekostet hat. „Nochmals acht Jahre in der bisherigen Intensität diese Position auszufüllen, wäre undenkbar gewesen“, räumt der 58-Jährige ein – und „nachlassen wollte ich nie“.

„Es war ein Projekt, kein Lebenswerk“

Das Loslassen indes fällt dem Noch-Bürgermeister nicht schwer. „Das Ganze war für mich ein Projekt, kein Lebenswerk“, so Rümmeles Credo.

In jedem Fall sieht Rümmele im Rückblick die Übernahme des Bürgermeisteramts als wichtigen Schritt, der sich auf jeden Fall gelohnt hat. Allerdings war dieser für ihn vor 16 Jahren auch ein großes Wagnis. Denn seine berufliche Heimat hatte er als Verwaltungsdirektor des Kreiskrankenhauses Lörrach zu der Zeit eigentlich schon gefunden (noch heute leuchten seine Augen, wenn er über das Thema Kliniken spricht). Doch die verfahrene Lage der Stadt Zell um die Jahrtausendwende und der Wunsch vieler Zeller nach einem Neuanfang zogen ihn ins kommunalpolitische Geschäft. Rümmele ließ sich überzeugen, Verantwortung zu übernehmen für die Stadt, in der er damals schon seit vielen Jahren wohnte.

Zu Beginn seiner Tätigkeit im Rathaus war er denn auch eher als Krisenmanager gefragt, danach als Konsolidierer. Rümmele spricht im Rückblick auch vom „Überbordschmeißen von Hirngespinsten“. Dass sich das Gesicht der Stadt in seiner Amtszeit deutlich verändert hat, ist unbestritten. Mit dem Rathausneubau, dem Bürgerheimprojekt oder der Ansiedlung von Einkaufsmärkten auf dem Zell-Schönau-Areal wurden wichtige Bauprojekte realisiert.

Dennoch: Für manchen Zeller war Rümmele zu wenig Gestalter, zu wenig Visionär. „Wer allzu große Visionen hat, muss unter Umständen sehr lange warten, bis sie Realität werden, kleine Schritte bringen oft schneller Erfolge“, beschreibt dagegen der scheidende Bürgermeister seine Grundhaltung, die durchaus zur Stadt Zell mit ihrer sehr überschaubaren finanziellen Ausstattung passt.

„Die Stadt ist nicht schlecht gefahren“

Viele Dinge habe man eine Nummer kleiner und günstiger realisiert als sie manchem vorschwebten, blickt Rümmele, der sich als Realist sieht, zurück: „Damit ist die Stadt nicht schlecht gefahren.“

Verändert hat sich in Rudolf Rümmeles Amtszeit auch die Wahrnehmung der Stadt Zell im Umland und in Lörrach, Basel und Freiburg, auch bei übergeordneten Behörden. Für ihn sei es wichtig gewesen, dass Zell auch überregional wieder anders gesehen wird, meint der Noch-Bürgermeister zu seinen Bemühungen etwa beim Thema Agglomerationsprogamm Basel. Auch hier gelte: Statt großspurigem Auftreten lieber beharrlich mit kleinen Schritten in die richtige Richtung marschieren.

In diesem Zug sei vielleicht die Erfolgspräsentation bisweilen zu kurz gekommen, räumt der scheidende Bürgermeister im Rückblick ein: „Kann sein, dass ich in der Außendarstellung manchmal zu zurückhaltend war.“ Dies könnte auch auf andere Bereiche zutreffen, sah sich Rümmele doch bisweilen dem Vorwurf ausgesetzt, er sei nicht wirklich vereinsfreundlich oder auch nicht wirklich fasnachtsfreundlich. Dies allerdings weist der Noch-Bürgermeister weit von sich, vielmehr habe er, „statt in jeder Versammlung zu sitzen“, oft hinter den Kulissen gekämpft, um etwas für andere zu erreichen.

Auf diesen Feldern, die, zumal in einer Kleinstadt, auch nicht selten in den persönlichen Bereich hineinspielen, haben die vergangenen 16 Jahre natürlich ihre Spuren hinterlassen. „Da hat man auch Freunde verloren“, räumt Rümmele ein. Wobei er hier den Lerneffekt in den Vordergrund stellt, das Erkennen, „wer ist ein wirklicher Freund und wer tut nur so“.

Ganz besonders lehrreich war in diesem Zusammenhang für den 58-Jährigen der zweite Wahlkampf um den Bürgermeisterposten im Jahr 2009, der mit harten Bandagen geführt wurde. Damals habe er erkannt, so Rümmele, dass sich nicht alles auf Harmonie aufbauen lasse. Eine Erfahrung, auf die er allerdings gerne verzichtet hätte, war die Tatsache, dass er die Familie nicht gänzlich aus dem aggressiven Wahlkampf heraushalten konnte. „Vielleicht habe ich auch deshalb gesagt: Einen Wahlkampf mache ich nicht mehr“, sinniert der Noch-Bürgermeister über seinen Verzicht bei der diesjährigen Wahl.

„Ich lege erst mal eine Ruhepause ein“

Alternativ habe er kurzzeitig mit dem Posten eines Beigeordneten in einer anderen Stadt geliebäugelt, berichtet Rümmele, sich dann aber doch für einen gänzlich anderen Weg entschieden. „Ich brauche jetzt nichts, ich lege eine Ruhepause ein“, sagt der 58-Jährige. In dieser soll die Familie, die in den vergangenen 16 Jahren auf viel verzichten musste, wieder mehr im Vordergrund stehen. Auch andere Dinge sollen zu ihrem Recht kommen, etwa der Wunsch, Musik zu machen. Und Rümmele absolviert derzeit einen Kurs zum Tagesvater.

Seine aktuelle Zukunftsgestaltung sei insofern ein Experiment, räumt Rümmele ein, eines, das durchaus Optionen birgt: „Ich möchte in keine Institution mehr rein, kann mir aber vorstellen, in Projekte einzusteigen.“ Insbesondere im Bereich Sozialsysteme, von jeher ein Steckenpferd des scheidenden Zeller Rathauschefs.

Die offizielle Verabschiedung von Bürgermeister Rudolf Rümmele findet am Mittwoch, 29. November, um 19 Uhr in der Stadthalle statt.

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