Zell im Wiesental Mundart-Erbe wird weitergetragen

Markgräfler Tagblatt

Preisverleihung des Gerhard-Jung-Wettbewerb am Freitag im voll besetzten Zeller Pfarrsaal

Von Anja Bertsch

Zell. Sinnlicher Jazz und pfiffige Zwei-Zeilen-Reime, ein amüsantes Schauspiel und sprachgewaltige Kurzgeschichten - und alles in Mundart: Bei der Preisverleihung zum Gerhard-Jung-Wettbewerb am Freitag präsentierte sich im voll besetzten Zeller Pfarrsaal eine breite Palette alemannischer Mundartdichtung, absolut unterhaltsam und weitab angestaubter Heimattümelei.

In Gedenken an ihren Ehrenbürger, den Mundartautoren Gerhard Jung, lobt die Stadt Zell mit Unterstützung von Muettersprochgsellschaft und Sparkasse den Mundartwettbewerb für junge Autoren alle drei Jahre aus. Anders als in der letzten Wettbewerbsrunde beteiligten sich bei der aktuellen fünften Auflage nicht allein die ganz jungen, sondern auch etwas gereiftere Autoren. Für Abwechslung sorgte, dass – ebenfalls anders als auch schon – alle Wettbewerbssparten von der Lyrik über die Prosa bis hin zu den Sparten Spiel und Lied bedichtet wurden.

„Ich bi froh, dass so viel Geist gspruit het“, freute sich Bürgermeister Rudolf Rümmele angesichts der Wettbewerbsbeiträge in Anlehnung an einen Vers von Gerhard Jung, bevor die Zeller Kindertrachtengruppe einen fidelen Auftritt aufs Parkett legte. Namens der Familie Jung und der Jury begrüßte Markus Manfred Jung Teilnehmer und Zuhörer, ebenfalls mit einem Text seines Vaters.

Knapp 200 Texte bewertete die dreiköpfige Jury, der neben Markus Manfred Jung als Mitglied der Familie Hermann Lederer als Vertreter der Stadt Zell und Stefan Pflaum für die Muettersprochgsellschaft angehörten. Im Laufe der Prämierung kamen zahlreiche Preisträger zu Wort und Ton und gaben einen lebendigen Eindruck dessen, was unterm Label „Mundart“ so alles möglich ist.

Absolute Abräumerin war Kathrin Ruesch aus Freiburg: In den Sparten Lyrik und Prosa belegte sie jeweils den ersten Platz, in der Sparte Lied bekam sie einen dritten Preis. „Verdichtete Bildsprache und reife Einsichten“ attestierte Juror Markus Manfred Jung den von der Autorin unter Titeln wie „d’ letschde riffe“, „verwachd“ und „uff de Schwanzete“ mit großer Intensität vorgetragenen Gedichten. „Kein Wort zu viel, aber alles was es braucht“, schrieb Juror Stefan Pflaum der Nachwuchsautorin zu ihren Prosa-Beträgen ins Stammbuch.

Jede Menge wunderbarer Dialektwörter packte der gerade 16-jährige Carsten Jakob Kiefer in seine zwischen Spannung und Humor changierende Geschichte „Fern am Fiirobe“ und bekam dafür einen zweiten Preis. Nachdenkliche Auseinandersetzungen über die Bedeutung des „Daheim“ trugen Catharina Müller und Sandhya Hasswani vor, die mit ihren Texten den dritten und den zweiten Preise in der Sparte Lyrik einheimsten.

Sinnlich wurde es bei der Prämierung in der Sparte Lied: Umrahmt von minimalistischem Schlagzeug und Piano hauchte Erst-Preis-Trägerin Magdalena Ganter aus Hinterzarten angejazzte Mundart-Weisen ins Mikro.

In der für Schulklassen reservierten Sparte Jüngste Mundart ging es ganz überwiegend herzerfrischend und witzig, zuweilen aber auch sehr ernsthaft zu. Nach Herzenslust schimpfen durfte die Theatergruppe „Theo Plus“ vom Schopfheimer THG in ihrem selbstgeschriebenen Schwank, bei dem der „Stritteritis-Geischd“ den Akteuren in die Glieder fuhr.

Sinnig, witzig und mit großer Lust am Klang präsentierten sich die Schülergedanken unterm Stichwort zum Thema „Heugumper-Lumpereie“ oder zu den Vorzügen der Mundart als solcher: „Rechtschreibung die isch nit wichtig, so wie du schwätzisch, so isch’s richtig.“

Sehr nachdenklich und berührend waren die Akrosticha der Sechstklässler aus Steinen zum Thema Flüchtlinge: In dieser Versform wird jedem Buchstaben eines Begriffs ein Wort zugeordnet; ein Akrostichon über „Lampedusa“ endet auf diese Weise in der Assoziation „eng, Durscht, und Sterbe au“.

„Zahl und Qualität der Einsendungen waren wie früher – also hoch“, so das Fazit von Markus Manfred Jung: „Es sind Teilnehmer dabei, bei denen wir sicher sein dürfen, dass sie das literarische Erbe unserer Mundart weitertragen werden.“

Prämierung des Wettbewerbs:

Jüngste Mundart – Schulklassen: 3./4. Klassen: 1. Preis: Grundschule Bräunlingen, Klasse 3-4a, Lehrerin Susanne Mundweiler; Anerkennungspreise: Grundschule Gresgen, Klasse 3-4, Renate Maier; Grundschule Wiechs, Klasse 4, Rosemarie Jäkel

5./6. Klassen: 1. Preise: Montfort-Realschule Zell, Klasse 6c, Dorothee Lederer; THG Schopfheim, 6c, Markus Manfred Jung; Schulzentrum Steinen, Realschule, 6d, Renate Holdermann und Gabi Oelfin. Anerkennungspreise: Montfort-Realschule Zell, Klasse 5 c, Dorothee Lederer; Hebelschule Schliengen, Klasse 6 c, Silke Brändlin.

Sparte Lied: 1. Preis Magdalena Ganter mit ihrer Band „Mockemalör“ (Hinterzarten/Berlin); 3. Platz Kathrin Ruesch (Freiburg)

Sparte Spiel: 2. Preis Schülergruppe „Theo Plus“ vom THG Schopfheim (M.M. Jung/Thilo Kuschel-Lauber)

Sparte Prosa: 1. Preis Kathrin Ruesch (Freiburg); 2. Preis Carsten Jakob Kiefer (Zell)

Sparte Lyrik: 1. Preis Kathrin Ruesch (Freiburg); 2. Preis Sandhya Hasswani (Herrischried), 3. Preis Catharina Müller (Efringen-Kirchen)

Nicht in allen Sparten wurde durchgehend prämiert. Die Texte werden in Heften der Muettersprochgsellschaft abgedruckt.

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