Zell. Der ehemalige Mainzer Domorganist Albert Schönberger machte im Rahmen des Jubiläums "125 Jahre Kirchweih" sein Orgelkonzert der evangelischen Kirche Zell zum Geschenk - es war ein außergewöhnliches Benefizkonzert. Faszination Orgel: Es muss nicht immer ein Dom oder eine Kathedrale sein, es kann auch, wie in Zell, eine Kirche mit einem kleineren Instrument sein. Hauptsache die Orgel klingt schön. Die zweimanualige Steinmeyer-Orgel aus dem Jahr 1958 auf der Empore der evangelischen Kirche mit ihren 17 fein aufeinander abgestimmten Registern ist ein gutes Instrument und wird gerne von Organisten gespielt. Auch der von Pfarrer Hans-Joachim Demuth herzlich willkommen geheißene Gastorganist Albert Schönberger zeigte sich von ihrer Klanglichkeit sehr angetan und ging hoch erfreut über diese Tasten. Schönberger, der 30 Jahre Organist im Mainzer Dom mit seiner Riesenakustik war, ließ die Zeller Orgel mit technischer Bravour und viel Einfühlung sprechen. Sein pastoral zusammengestelltes Programm mit dem wohltuenden Titel "Verspielte Klänge im Zauber der Orgel" orientierte sich dabei nicht an Großorgeln, sondern an der Disposition der Steinmeyer-Orgel. Dem erfahrenen Organisten gelang es spielend, mit Tempo, Spielweise und Registrierung eine überzeugende musikalische Einheit zu bilden. So hat Schönberger " bis auf Bachs berühmte Toccata und Fuge d-Moll, die er als hervorragender Bachspieler virtuos, transparent und zugleich formstreng in den Kirchenraum stellte - nichts Monumentales, Wuchtiges oder Großflächiges an Orgelliteratur ausgewählt. Vielmehr Stücke, die perfekt aufs Instrument abgestimmt waren und zum Ort passten. So fand auch eine konzertante Kirchensonate von Mozart ihren Platz in diesem Recital, schließlich ist Zell ja der Geburtsort von Constanze Mozart. Und da Schönberger jetzt in Weimar, der Stadt Goethes und Liszts, lebt, hat er bewusst aus Thüringen ein galantes Flötenkonzert von Christian Heinrich Rinck mitgebracht. Die Orgel, so der Gastinterpret, der eine sehr persönliche Ansprache von der Empore ans Publikum hielt und wortgewandt sein Programm moderierte, sei ja ein kleines Orchester an sich. Auch wenn die Zeller Orgel über keine lauten Register verfüge, so habe sie doch ein wunderschönes Prinzipal, helle, silbrige Pfeifen und einen warmen Klang " ein Lob aus berufenem Munde. Wenn ein Orgelvirtuose wie Schönberger Flöten und Streicher geschickt zusammenmischt, entfaltet sich im Orgelkonzert von Johann Gottlieb Graun tatsächlich so etwas wie ein Orchesterklang. Bevor er sich zeitgenössischen Stücken widmete, ging er noch zu den Wurzeln der Variation zurück, die in der barocken Chaconne liegen. Dass Organisten, ähnlich wie Jazzmusiker, auch gerne improvisieren, stellte Schönberger in "Carillon", einer freien Improvisation über das vierstimmige Glockengeläut der Kirche, unter Beweis " eine besondere Reverenz an Zell. Eine Tonfolge von vier Tönen (as, b, des, es) diente dem profilierten Organisten als Ausgangspunkt, Motiv und Impuls für eine lebendige Improvisation mit eingearbeiteten Choralmelodien. Das war einer der Momente, die zu jedem guten Orgelkonzert gehören. Jürgen Scharf