Zell im Wiesental Närrischer Spaß im Spassi-Park

Markgräfler Tagblatt

Ölfte ÖlfteFasnachtsauftakt in Zell: Hürus Daniel vom Speckzinke regiert das Narrenvolk

Spaß der besonderen Art - nämlich einen ausgelassenen Auftakt zur Zeller Fasnacht - erlebte das Publikum am Samstag beim Ölfte Ölfte im neuen Spassi Fun- und Freizeitpark. Die Narren zeigten sich auch im ungewohnten Ambiente in Hochform und servierten ein gut vierstündiges Programm, das für viele Lacher sorgte, bevor gegen halb eins der neue Hürus Daniel vom Speckzinke alias Daniel Greiner stürmisch begrüßt wurde.

Von Peter Schwendele

Zell. Der alten Stadthalle, die dem Baggerzahn zum Opfer gefallen ist, weinten die Zeller Narren nur wenige Tränen nach - und gaben dafür in der üppig bemessenen alten Spinnerei in Atzenbach Vollgas. Es musste im Vorfeld viel improvisiert werden, um den Ölfte Ölfte auch in diesem Jahr über die Bühne zu bringen, und Peter Mauthe, Präsident der Fastnachtsgesellschaft Zell, bekundete bei der Begrüßung, ihm sei gerade „e Felsbrocke vom Herz keit“. Die etwas andere Atmosphäre im bereits seit Tagen ausverkauften Spassi Fun- und Freizeitpark schien die Narren zu beflügeln. Allein Dekorationschef Franco Paternostro war ein wenig traurig, wie Ansager Thomas Kaiser witzelte, weil er dieses Jahr weiter nichts zu tun hatte als die Stuhlmarken aufzukleben. Der Moderator war wieder eine Nummer für sich, lieferte einen Gag nach dem anderen und glänzte überdies mit einer närrischen Neuinterpretation von Elvis Presleys „In The Ghetto“. Während in Kaisers Augen dank Spassi-Investor Ralf Schindler in Atzenbach und Mambach die Ghetto-Zeiten vorbei sind, sieht es für Schönau und auch für Schopfheim düster aus, denn: „Es wird kei Schindler cho.“

Apropos Schopfheim: Mehrmals klang am Samstagabend an, wie trüb sich die Situation der Narren in der Markgrafenstadt nach der Zunftabendabsage darstellt, und wie selbstlos die Zeller Fasnächtler mit ihrem Ölfte Ölfte aushelfen würden.

Das am Samstag gebotene Programm könnte sich jedenfalls auch locker andernorts sehen lassen. Angefangen mit Gerd Wagner und seinem sprechenden Vogel, die sich im Zwiegespräch nicht nur über lokale Begebenheiten ausließen, sondern auch allerlei Gebrechlichkeiten diskutierten und ganz nebenbei in mancherlei Hinsicht Aufklärungsarbeit betrieben.

Einen Abstecher ins Nachbardorf Hausen machte man mit der bekannten Fernsehserie Aktenzeichen XY. Hier war Kommissar Deppert gefordert, eine Gewalttat im altehrwürdigen Gasthaus „Adler“ aufzulösen, was der „kriminalistischen Spürnase“ nicht so recht gelingen wollte. Auch die Zuschaueranrufe im Studio waren nicht wirklich erhellend (so waren sich 98 Prozent der Anrufer aus Adelsberg sicher, dass der Täter aus Gresgen kommt). Gut, dass die ausgesetzte Belohnung so hochwertig war, dass sich die Täter schließlich selbst stellten.

Musikalisch glossiert wurde das Stadtgeschehen wie gewohnt von den Latscharisängern, die auch das Motto der Zeller Fasnacht 2016 vorstellten, mit dem unter anderem der Handy- und Internetwahn aufs Korn genommen wird: „Ohni guete Droht weisch nit was goht.“ Für Verblüffung im Publikum sorgte allerdings die Tatsache, dass die Latscharisänger an diesem Abend Konkurrenz „aus den eigenen Reihen“ bekamen. In der Nummer „Latschariprob“ konnte man erfahren, wie es in den Übungsstunden der Sangestruppe zugeht und welche Rolle der Rotwein dabei spielt. Gute Aussichten fürs Zeller Narrenvolk: Auch wenn der eine oder andere leicht schiefe Ton dabei war, die nächste Generation scheint bereit zu stehen.

In der Artzpraxis beim ehemaligen Krankenhaus wurde eine absolute Neuheit - die Allheilbox - getestet. Der rückenkranke Patient, dem die Rolle des Versuchskaninchens zufiel, fand die Ergebnisse - ganz anders als das Publikum - überhaupt nicht lustig. Nachdem er von anderen Patienten diverse Gebrechen übernommen hatte, floh er Hals über Kopf aus der Praxis, bevor er mit einer Hochschwangeren kurzgeschlossen werden konnte.

Rund um die Veränderungen im Schulwesen drehte sich die Nummer der Familie Hochstatter, wobei sich herausstellte, dass früher doch manches besser war. Fachwissen der besonderen Art bewies dann Elke Hochstatter, als sie den „Cäsar von Zell“ pries und eine wahre Hymne auf Thomas Kaiser anstimmte, die vom Publikum begeistert gefeiert wurde. Voll mit gingen die Gäste auch bei der anschließenden Stimmungsbombe, die der Hochstatter-Nachwuchs zum Besten gab.

Wie gut sich Fasnacht und moderne Popmusik vertragen, zeigte auch die fulminante Schlussnummer „Eimol Hürus si...“, bei der eine dynamische Tanz- und Gesangstruppe Songs aus „Rocky Horror Picture Show mit dem Wunsch, die Zeller Fasnacht zu regieren, gewitzt und mitreißend kombinierte.

Dann hieß es warten, bis der neue Fasnachtsregent leibhaftig auf der Bildfläche erschien. Und auch, wenn beim traditionellen Einmarsch improvisiert werden musste, den Gang von der Treppe ließ sich der neue Hürus auch in der Spassi nicht nehmen. Statt auf die Bühne ging es dann allerdings auf eine Empore, von wo aus Daniel vom Speckzinke dem Narrenvolk zuwinkte. Der Mittelstädter, gleichzeitig Akkordeonist bei den Latscharisängern, rief alle dazu auf, bei der Fasnacht mitzumachen und das Ganze auch ohne eigene Halle zu genießen, denn „Verändriga chönne au e Chance si“. An einem ließ der neue Regent keinen Zweifel: „E rechte Mensch isch au e Narr.“

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