Zell im Wiesental Raubmord mit „besonderer Brutalität“

Markgräfler Tagblatt
Der Mordprozess vor dem Schwurgericht ist zu Ende: Lebenslängliche Haft und 13 Jahre Gefängnis lautet das Urteil für die beiden angeklagten Brüder. Foto: Archiv Foto: Markgräfler Tagblatt

Gericht: Urteil im Riedicher Mordfall für die beiden angeklagten Brüder: Lebenslängliche Haft und 13 Jahre Gefängnis

Lebenslängliche Haft und 13 Jahre Gefängnis – so lautet das Urteil für zwei Brüder, die Ende April im Zeller Ortsteil Riedichen zwei schlafende Männer überfallen, beraubt und ein Opfer dabei tödlich verletzt hatten. Der Prozess vor dem Schwurgericht lief Corona-bedingt seit 25. September im Saal des Katholischen Gemeindehauses in Waldshut.

Von Heinz Huber

Waldshut-Tiengen/Zell. Der Vorsitzende des Schwurgerichts geht davon aus, dass es den Verurteilten um das Geld der ihnen bekannten Opfer gegangen war, sie aber bei ihrem brutalen Vorgehen das tödliche Ende durchaus in Kauf genommen hatten.

Lebenslänglich heißt das Urteil der Kammer für den älteren Angeklagten D. (27), 13 Jahre Haft für seinen 22-jährigen Bruder A. Schuldig befunden wurden sie unter anderem des gemeinschaftlich begangenen Mordes, eines weiteren Mordversuchs sowie eines schweren Raubes mit gefährlicher Körperverletzung.

Die beiden Bulgaren waren im Frühjahr wie auch ihre Opfer in einer Ferienwohnung in Zell-Riedichen untergebracht, als Angehörige einer Tiefbaufirma aus Hessen. Vor dem verhängnisvollen Abend hatte es für die Kollegen Vorschuss gegeben, nicht aber für die beiden Brüder, die auch nach eigenem Geständnis oft dem Alkohol und anderen Rauschmitteln zusprachen. Da auch die Bauarbeiten wetterbedingt stockten, beschloss das Duo, sich aus dem abgelegenen Dorf und dem Job zu verabschieden. Sie wollten sich zuvor aber das ihnen zustehende Geld holen, von zwei schlafenden Vorgesetzten in ihrer Unterkunft.

Kammervorsitzender Martin Hauser geht davon aus, dass die Täter kein Hass trieb, sondern nur das Geld lockte. „Es war eigentlich ein typischer Raubmord“, so die Urteilsbegründung, mit einer „besonderen Brutalität“. Beide hatten sich vor dem nächtlichen Besuch mit dicken Holzknüppeln bewaffnet. Damit sei klar gewesen, dass es für die Opfer lebensgefährlich werden konnte, stellte der Richter fest. „Sie wollten die Männer k.o. schlagen, K.o.-Schläge sind aber nicht dosierbar.“

Zeitgleich drangen die beiden in die Schlafräume ein und schlugen auf die Ruhenden ein. Während das Opfer des 27-Jährigen offenbar noch wach wurde, das Schlimmste abwehren konnte und mit Verletzungen überlebte, zertrümmerte der Jüngere dem Schlafenden mit einem von vier Schlägen den Schädel. Der 38 Jahre alte Familienvater aus der Türkei starb an Ort und Stelle. Auf der Flucht mit rund 1200 Euro Beute kam es zum Gerangel mit zwei wach gewordenen Kollegen, von denen einer ebenfalls verletzt wurde.

Der Vorsitzende Richter lobte die schnelle Reaktion von Polizei und Staatsanwaltschaft, die schon während der Flucht der Bulgaren im Wagen eines zum Tatort bestellten Freundes eine Telefonüberwachung der Täterhandys veranlassten. Das Redebedürfnis der Fliehenden brachte Erkenntnisse nicht nur über den Tatablauf. Der Vorsitzende sprach von einem schockierenden, abstoßenden Nachtatverhalten.

Der jüngere Bruder zeigte sich im Prozess und während der Untersuchungshaft psychisch stark belastet. Ein Problem, das möglicherweise auf ein familiäres Krankheitsbild zurückgeht. Der Sachverständige konnte einen solchen Einfluss beim 22-Jährigen nicht ausschließen. Der Beschuldigte hatte sich einer psychiatrischen Begutachtung jedoch lang widersetzt.

Die Verurteilten haben einen Monat Zeit, um das Urteil anzunehmen oder eine Revision anzustreben. Im improvisierten Gerichtssaal nahmen sie das Urteil ohne sichtbare Reaktion zur Kenntnis.

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