Zell im Wiesental Umzug ist stets eine Klasse für sich

Markgräfler Tagblatt

Serie Zeller Fasnacht Teil 2: Die Wagenbauer müssen dieses Jahr zu ihrem Leidwesen eine Pause einlegen

Jetzt im Januar herrscht normalerweise in verschiedenen Schuppen, Hallen oder Werkstätten in Zell ein reges Treiben. Denn jetzt würden die Wagen für den großen Fasnachtsumzug am Fasnachtssonntag und -montag gebaut. Überall würde geschweißt, gesägt, geschraubt, gelacht und geflucht werden. Normalerweise. Da in diesen Monaten nichts normal ist, ist es unheimlich ruhig da, wo jetzt gearbeitet würde.

Von Uli Merkle

Zell. Dieses Jahr wird die Fasnacht eine andere sein. Dies ist der zweite Teil einer kleinen Artikelserie, in dem über die Fasnachtsumzüge und die Entstehung der Umzugswagen berichtet wird. Fasnachtsumzüge gibt es in Zell bereits seit rund 150 Jahren. Zuerst waren es verschiedene Vereine, die ab den 1870er Jahren Wagen bauten. Oft waren es lokale, aber auch internationale Geschehnisse, die damit glossiert wurden. Die Wagen wurden bis in die 1930er Jahre hinein meist von Ochsen- oder Pferdegespannen gezogen. Der Umzugsweg variierte oft und führte manchmal kreuz und quer durch das Städtli.

Ehrgeiz der Wagenbauer garantiert hohe Qualität

1897 machten sich die heutigen Grönländer fasnächtlich selbstständig und gründeten die „Fastnachtsgemeinde Grünland“. Was eigentlich ein Protest gegen die bürgerliche Fasnacht im Ortskern war, löste einen gewissen Wettbewerbsgedanken bei den anderen Fasnächtlern aus. Wenn auch zeitverzögert, legten andere Ortsteile in den 1920er- und 30er Jahren nach. In dieser Zeit entstanden die jetzigen Vogteien Paradies, Schwyz, Innegmei, Obertal, Mittelstadt und Sunneland. Alle versuchten, mit einem möglichst originellen Umzugswagen bei der Prämierung am Umzug die Nase vorne zu haben. Ein Ehrgeiz, der bis heute besteht und der noch immer ein Garant für eine hohe Qualität und Originalität des Zeller Fasnachtsumzugs darstellt.

Inzwischen sind Ochsen- und Pferdegespanne bei den Umzugswagen passé. Einige Vogteien konzentrieren sich inzwischen im Wesentlichen auf „ihren Wagen“, dazu werden modernste Zugmaschinen, Stromaggregate, Hydraulik und Pneumatik eingesetzt. Hatte man vor Jahrzehnten noch einen „Dachlattenwart“, der in der Vogtei für das Material zuständig und der dem „Wagenbaumeister“ unterstellt war, braucht man heute oft einen IT-Spezialisten, der die ganzen Bewegungen auf dem Wagen programmiert und die Elektronik betreut.

Während die Vogtei Paradies, die Talvogtei Grönland und die Vogtei Schwyz voll ausgerüstete Wagenbauschuppen ihr eigen nennen, haben andere Vogteien angemietete Räume oder versuchen Jahr für Jahr wieder irgendwo unterzukommen. Ein Unterfangen, das zunehmend schwieriger wird. Dennoch gibt es Handwerker, Landwirte und Betriebe, die ein offenes Ohr haben und die Räumlichkeiten für den Wagenbau, Lagerkapazitäten und Maschinen zur Verfügung stellen.

Die Vorgehensweise, wie ein Umzugswagen entsteht, läuft bei allen Vogteien ähnlich ab. Spätestens nach der Verkündigung des Mottos am „Ölfte Ölfte“ macht man sich intensiv Gedanken um ein Thema für den Umzug. Meist in größeren, aber strikt vogteiinternen Runden werden Vorschläge gemacht und Ideen diskutiert, bis man sich über kurz oder lang einig wird. Danach treffen sich die Wagenbauer, Techniker und Handwerker und diskutieren die technische Umsetzung des Themas auf dem Umzugswagen.

Zu Beginn des neuen Jahres werden detaillierte Pläne ausgearbeitet, wird Material beschafft und schlussendlich losgelegt. In der Regel wird wochentags abends und samstags ganztags gearbeitet. Bei manchen Vogteien sind dabei ständig bis zu 15 Personen im Einsatz. Bei kleineren Vogteien können das auch wesentlich weniger sein.

Für alles gibt es mittlerweile Spezialisten

Dabei haben sich überall Spezialisten herausgebildet. Es gibt die Schweißer, die Mechaniker, die Holzwerker und schlussendlich die Künstler, die gestalten, formen und malen. Gab es noch vor Jahren Personen, die versteckt in einem Wagen manuell für die Bewegung beispielsweise von übergroßen Figuren sorgten, wird dies heute mechanisch, hydraulisch oder pneumatisch bewerkstelligt. Was wiederum eine neue Generation von Spezialisten notwendig machte. Das Material für die Umzugswagen muss von den Vogteien jeweils gekauft werden. Es gibt aber auch genügend Firmen und Handwerker, die das eine oder andere spendieren oder zumindest Preisnachlässe gewähren. Dennoch stehen für die Vogteien enorme Kosten für das Material an. Carlo Klöcker, Wagenbaumeister der Vogtei Paradies, kalkuliert mit bis zu 2500 Euro pro Wagen. Dies obwohl die Paradiesler, wie alle anderen Vogteien auch, nach der Fasnacht alles Brauchbare einlagern und wiederverwenden. Arbeitskosten entstehen beim Wagenbau keine. Denn, so Carlo Klöcker: „Es gibt in Zell genügend Verrückte, die diese Arbeit gern und unentgeltlich machen.“

Der Lohn ist dann für alle Helfer der gleiche: ein schöner Fasnachtsumzug und, vielleicht, eine gute Platzierung. Aber genauso wichtig ist die Zeit, um etwas gemeinsam zu schaffen, wobei die Geselligkeit und die Verpflegung nie zu kurz kommen.

Vorschriften immer umfangreicher

Immer mehr Steine werden den Wagenbauern allerdings von den Behörden in den Weg gelegt. Die technischen Vorschriften werden immer umfangreicher, die Versicherungsverhältnisse sind so kompliziert, dass die Fastnachtsgesellschaft schon Informationsveranstaltungen dazu anbieten musste. Die Umzugstrecke muss jährlich neu beantragt und genehmigt werden. Der Arbeits- und Kostenaufwand ist immens. Die letzten großen Diskussionen gab es dazu 2018, als die Behörden die Genehmigung des Umzugs ab Atzenbach nicht mehr erteilten. Eine Kröte, die die Zeller Umzugsteilnehmer noch immer nicht ganz geschluckt haben. Dieses Jahr legen die Zeller Wagenbauer erzwungenermaßen eine Pause ein. Aber sie brennen darauf, im kommenden Jahr den Fasnachtsumzug wieder mit großen und bunten Wagen zu gestalten. Wie gesagt, in Zell gibt es zum Erreichen dieses Ziels genügend Arbeitswillige.

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