Zell im Wiesental Vom Spießrutenlauf zur Tradition

Markgräfler Tagblatt
Hans Greiner ging als erster Hürus in die Geschichte der Zeller Fasnacht ein. Die anfänglichen Bedenken gegen die neue Fasnachtsregentschaft konnten von ihm ausgeräumt werden. Foto: zVg Foto: Markgräfler Tagblatt

Fasnacht: Seit 50 Jahren ist der Hürus Regent der Zeller Fasnacht / Anfangs war er stark umstritten

Bereits zum 50. Mal schlüpft in diesem Jahr ein Zeller in das Kostüm des Hürus und wird zum Regent über das närrische Treiben in der Schwanenstadt. Eine Tradition, die inzwischen nicht mehr wegzudenken ist. Vor 50 Jahren allerdings sorgte die Einführung des Hürus für heftige Diskussionen.

Zell. In diesem Jahr wird in der Schwanenstadt „50 Jahre Zeller Hürus“ gefeiert.

Der Hürus ist mittlerweile fester Bestandteil der Zeller Fasnacht. Dabei war seine Entstehungsgeschichte recht turbulent.

Seit den 1920er Jahren wurde jährlich ein Prinz Karneval als Fasnachtsregent auserkoren. Er war die Leitfigur der Zeller Fasnacht und hatte einen ähnlich hohen Stellenwert wie heute der Hürus. Mitte der 1960er Jahre dachte der damalige Präsident der Zeller Fasnachtsgesellschaft, Hans Fräulin, über eine neue Figur nach. Denn für ihn war es ein Widerspruch, dass in einer alemannischen Fasnachtshochburg ein Prinz Karneval die Regentschaft führte, der vom rheinischen Karneval abgekupfert war. Im Zeller Heimatdichter Gerhard Jung fand er einen Mitstreiter. Gemeinsam suchte man, fast heimlich, nach einer Figur, die mit der heimatlichen Geschichte verwurzelt war. Eine solche Figur war in den adligen Herren, die einst das Sagen über Zell hatten, schnell gefunden. Viele dieser Herren trugen den Beinamen Hürus oder Hyrus. Dies bedeutete ursprünglich „großer, mächtiger Mann“.

Um Nägel mit Köpfen zu machen, weihten Hans Fräulin und Gerhard Jung den Künstler Kurt Winkler in ihre Pläne ein. Er entwarf das erste Hüruskostüm.

Jetzt kam das eigentliche Problem: Wie sollten die drei dies den Zellern, die ihren Prinzen liebten und sich keinen anderen Fasnachtsregent vorstellen konnten, beibringen? In einer Präsidiumssitzung der Fastnachtsgesellschaft wurde die Idee vorgestellt. Es kam zu äußerst emotionalen und lautstarken Diskussionen der Befürworter und Gegner. Schlussendlich wurde abgestimmt. Das Votum fiel äußerst knapp zu Gunsten des Hürus aus.

Diese Entscheidung wurde in den folgenden Tagen und Wochen in Zell in jedem Haus und an jedem Stammtisch diskutiert. „Des sin doch Fürz“ oder „Mr bruuche nit allbott öbbis Neus“ waren noch die harmlosesten Äußerungen. Für Hans Fräulin waren diese Tage ein echter Spießrutenlauf.

Jetzt musste ein Schlachtplan her, denn Fräulin hatte Angst, dass die Bevölkerung den anstehenden Ölfte Ölfte boykottieren würde. Flugs wurde ein Flugblatt entworfen, auf dem Gerhard Jung in blumigster Sprache den Zellern den Hürus ans Herz legte. Das Flugblatt wurde nachts an alle Haushalte verteilt, mit dem Ergebnis, dass die Befürworter des Hürus leicht die Oberhand gewannen.

Dennoch waren sich die Verantwortlichen nicht sicher, ob das gutgehen konnte. Würde der erste Hürus ausgepfiffen oder gar aus dem Saal geworfen werden? Man entschloss sich, als ersten Hürus einen möglichst ungebundenen, ledigen Mann zu nehmen, denn einen verheirateten Familienvater wollte man den möglichen Gefahren tätlicher Auseinandersetzungen nicht aussetzen. So zog am Ölfte Ölfte 1967 der 23-jährige Hans Greiner als Hürus Hans I. in den damaligen „Löwen“-Saal ein. Damit der Jungspund bei seiner Ansprache nichts Verfängliches sagte, wurde seine Rede vorsorglich von Gerhard Jung verfasst. Aber Hans Greiner schaffte es, während seiner Regentschaft alle Vorbehalte gegen den Hürus auszuräumen.

Wenn in diesem Jahr der 50. Hürus vorgestellt wird, braucht er sich keine derartigen Sorgen zu machen. Ihn wird ein begeistertes Narrenvolk empfangen und ihm über die närrischen Tage huldigen. Dass auch Hürus Hans I. zugegen sein wird, wenn sich der Jubiläumshürus vorstellt, versteht sich dabei von selbst.

Die Zeller Fasnächtler starten am Samstag, 11. November, um 20.11 Uhr im Fun- und Freizeitpark Spassi in die fünfte Jahreszeit. Geplant ist ein närrischer Abend mit Überraschungsgästen, bevor gegen Mitternacht der fünfzigste Hürus in der Geschichte der Zeller Fasnacht einmarschieren wird. Karten gibt ab heute, Samstag, 4. November, im Fitness Center Z1.

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