Zell im Wiesental Warnsignal wird zur Zerreißprobe

Hans-Jürgen Hege
Der nervige Pfeifton beschäftigt die Anwohner der Bahngleise in Zell schon länger. Bei einem Vor-Ort-Termin mit den Verantwortlichen der Bahn könnten diesbezüglich womöglich Lösungen gefunden werden. Foto: Hans-Jürgen Hege

Übergang Liebeck: Störender Pfeifton: Stadt Zell will dem Zugwarnsignal in der Liebeck ein Ende setzen

„Unter gewissen Umständen“ könne die Bahn auf den für sehr viele Anwohner äußerst nervigen und sicherlich auch gesundheitsschädlichen Pfeifton vor der „Anrufschranke“ zwischen dem Bahnhof und dem Stadtteil Liebeck verzichten, teilte das Eisenbahn-Bundesamt auf Anfrage der Stadt und des Markgräfler Tagblatts mit.

Von Hans-Jürgen Hege

Zell. Der Verzicht wäre möglich, „wenn seitens des für die Sicherheit des Betriebs verantwortlichen Eisenbahnunternehmens eine – weitere – Langsamfahrstelle eingerichtet würde“, heißt es in der Antwort des Sprechers des Eisenbahn-Bundesamts Michael Schmitz.

Grund genug also, beim „verantwortlichen Eisenbahn-Unternehmen“, der SBB, nachzuhaken – getreu dem Motto der Zeller Fasnacht, das auch in diesem Fall zutrifft: „Mir höre nit uff!“. Auch wenn sich dieses „Wir“ – leider – nur auf eine kleine Gruppe von Personen bezieht, die glauben, dass die Argumentation der Bahn, der Fahrplan könne wegen der Langsamfahrt über ein paar Meter Schienenstrecke nicht eingehalten werden, nicht mehr zutrifft, nachdem seit einigen Monaten zwischen Zell und Hausen/Raitbach ohne ersichtlichen Grund und ohne jede erkennbare Auswirkung auf die Fahrtzeiten Tempo 20 gefahren wird.

Auf die Bitte um Stellungnahme unserer Zeitung hat die SBB nun mit einem klaren „Jein“ reagiert. „Die Thematik des Fußgängerüberwegs in Zell ist uns als Betreiberin der Linien der S5 und S6 der S-Bahn Basel bekannt. Hier waren wir seit jeher offen für Gespräche. Und das sind wir weiterhin. Gerne nehmen wir auch bei einem Vor-Ort-Termin in Zell teil“, schrieb Daniel König als „Leiter Markt“ der SBB Lörrach.

Er verwies aber auch darauf, dass durch die derzeitige, vom Eisenbahn-Bundesamt angeordnete Langsamfahrstelle zwischen Hausen und Zell „die im Fahrplan vorgesehenen Fahrzeitreserven“ ausgeschöpft würden. Diese Reserven seien aber aus Gründen der Fahrplanstabilität „im Vorhinein eingeplant“, betont König weiter und meint: „Schon bei geringfügiger Verspätung eines Zugs sind die Reserven dahin.“

Da fragt man sich allerdings, warum die S-Bahn meistens schon in Fahrnau, vor allem aber in Schopfheim mehrere Minuten Pause einlegt, ehe die Fahrt nach Basel fortgesetzt wird.

An wichtiger Stelle wird Tempo nicht gedrosselt

Trotz der jetzigen Langsamfahrt an einer von allen Seiten gut einsehbaren Stelle, die nach Meinung von Experten wie dem IG-Pro Schiene-Vorsitzenden Karl Argast „über 50 Jahre“ ohne Zwischenfälle durchfahren werden konnte und deshalb völlig unnötig angeordnet worden sei, hat sich an diesen „Pausen“ nichts geändert.

Sollte eine „Aufholjagd“ nötig sein, könne man von den acht Minuten Wendezeit am Zeller Bahnhof, die laut SBB eingeplant sind, um eventuelle Störungen am Fahrzeug beheben zu können, „locker ein paar Sekunden abzwacken“, wie ein Lokführer auf Nachfrage am Zeller Bahnhof versicherte.

Fraglich ist auch, warum die S6 zwischen Zeller Sportplatz fast bis zum Bahnhof Hausen Tempo 20 fahren muss. „Hat die Zugspitze die Gefahrenstelle passiert, könnte problemlos beschleunigt werden. Eine Passage der gesamten Zuglänge und noch ein Stück darüber hinaus ist völlig unnötig“, sagt Karl Argast.

Und das träfe auch an der fraglichen Stelle in Zell zu, die kurz nach Abfahrt vom Bahnhof in Richtung Hausen erreicht wird.

Rund 100 Meter vor der „Anrufschranke“ ertönt der lästige, drei Sekunden anhaltende Hupton. Dann rattert die Bahn an der geschlossenen Schranke und der aus Kostengründen ungesicherten Fußgängerfurt in normalem Tempo vorbei. Verständlich also die Frage, warum auf einer relativ kurzen Fahrstrecke nicht langsam gefahren werden kann, bis der Zug die Gefahrenstelle erreicht hat und gleich danach wieder Fahrt aufnimmt, und zwar vollkommen unabhängig davon, ob es sich um die von Daniel König beschriebenen „Einfachtraktion“ (Zuglänge 75 Meter) oder um eine „Doppeltraktion“ (Zuglänge 150 Meter) handelt.

Vor-Ort-Termin von SBB zugesagt

Die SBB hat ihre Teilnahme an einem Vor-Ort-Termin, an dem auch die Fraktionen des Gemeinderates und Vertreter der Stadt interessiert sind, zugesagt. Vielleicht lässt sich dabei eine Lösung des Problems finden, welche die „Spitzenwerte“ nicht gefährdet, die von der SBB „trotz mehr als 120-prozentiger Fahrgastzahlsteigerungen seit 2005 bei nicht veränderten infrastrukturellen, fahrplantechnischen und fahrzeugbedingten Rahmenbedingungen im Baden-Württemberg-Vergleich“ erreicht werden.

Eine Lösung, die den Energieverbrauch, wie von Daniel König erwähnt, nicht in die Höhe treibt und nach deren Umsetzung sich auch die im Schreiben der SBB angeführte „erhöhte Lärmbelästigung der Anwohnerinnen und Anwohner entlang der gesamten Wiesentalstrecke“ in Grenzen hält, die auftreten könne, „weil Züge zur Einhaltung des Fahrplans schneller fahren beziehungsweise die Höchstgeschwindigkeiten ausfahren“ müssten. Im Interesse der Bevölkerung in Liebeck und Schwarznau wäre eine solche Lösung jedenfalls wünschenswert und auch im Interesse der Stadt Zell, die in ihrem Schreiben ans Bundesamt in Bonn darum bat, „den Vorschlag zu prüfen“, weil sie der Meinung sei, „dass der Stadt Zell und auch der DB damit viel Geld eingespart werden könnte.“

Und: Im Rahmen dieses Termins könnte gar noch die Scharte ausgewetzt werden, die Daniel König am Ende seiner Stellungnahme angesprochen hat: „Gerne weisen wir darauf hin, dass wir uns gefreut hätten, wenn die Stadt Zell vor der Eingabe einer Anfrage an das Eisenbahn-Bundesamt mit uns das Gespräch gesucht hätte.“

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