Drei parallele Verfahren
Der Fall um Prinz Reuß ist so groß, dass ein Oberlandesgericht gar nicht ausreicht. "Wir wollen nicht in irgendeiner Turnhalle einen Schauprozess abziehen, sondern müssen uns mit den Individuen auseinandersetzen", erklärt OLG-Präsident Singer. Deshalb werden die Beschuldigten auf drei Hauptverfahren aufgeteilt. In Stuttgart geht es um den sogenannten militärischen Arm, in Frankfurt sind ab 21. Mai die mutmaßlichen Rädelsführer angeklagt, in München ab 18. Juni die übrigen mutmaßlichen Mitglieder. "Dass sich drei Oberlandesgerichte parallel mit ein und derselben terroristischen Vereinigung befassen, die noch gar nicht gerichtlich festgestellt wurde, ist außergewöhnlich", sagt Singer.
Die Verhandlungen dürften komplex und aufwendig werden. Angeklagte in einem Verfahren können als Zeugen in anderen Verfahren geladen werden. Jedes Gericht muss seine eigenen Beweise erheben und zu seinem eigenen Urteil kommen. Grundsätzlich seien am Ende auch sich widersprechende Urteile möglich, sagt Singer - wobei Beobachter dies für unwahrscheinlich halten. Die Erwartung ist, dass die Bundesanwaltschaft als Anklagebehörde den Überblick be- und die Fäden zusammenhält. Der Generalbundesanwalt sei das Bindeglied, die Klammer, so Gerichtspräsident Singer.
Neun Angeklagte in Stuttgart
Allein der Prozess in Stuttgart hat Dimensionen, die die Kapazitäten der meisten Gerichte sprengen würden: Neun Angeklagte, fünf Richter, zwei Ergänzungsrichter als Ersatzspieler, und nicht weniger als 22 Verteidiger. Dazu strengste Sicherheitsvorkehrungen: Die Angeklagten sitzen hinter dicken Glasscheiben, per Mikrofon können sie mit ihren Verteidigern sprechen. Singer berichtet von insgesamt 400.000 Blatt Ermittlungsakten um die Reuß-Gruppe, die 700 Leitz-Ordner füllen.