Die Hamas teilte über ihren Telegram-Kanal mit, ihre Delegation habe eine Antwort auf die Vorschläge der Vermittler überbracht und sie mit den Vertretern Ägyptens und Katars erörtert. Die Delegierten reisten am Sonntagabend aus Kairo ab und wollten sich mit den Führern der Organisation in Katar beraten.
Auf dem Tisch liegt ein Vorschlag der Vermittler, der eine mehrstufige Abmachung zwischen Israel und der Hamas vorsieht. Diese soll zur Freilassung der israelischen Geiseln, die in der Gewalt der Hamas sind, der Freilassung palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen sowie zu einer Beendigung des Gaza-Kriegs führen.
Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Wegen der hohen Zahl ziviler Opfer und der katastrophalen Lage im Gazastreifen steht Israel international in der Kritik.
Verhärtete Fronten
Die Hamas betonte in ihrer Mitteilung vom Sonntag, dass sie die Verhandlungen "im positiven Geist und verantwortungsvoll" führe. Allerdings sind die Fronten verhärtet. Die Islamisten beharren auf einem Abkommen, in dem sich Israel von vornherein zur Beendigung des Krieges und zum vollständigen Abzug seiner Truppen aus dem Gazastreifen verpflichtet. Israel lehnt aber eine derartige Verpflichtung ab und möchte sich weitere militärische Handlungsmöglichkeiten vorbehalten.
Netanjahu hatte am Wochenende mehrere Erklärungen abgegeben, in denen er sich kompromisslos zeigte. So sagte er, Israel werde selbst dann die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens angreifen, wenn ein Geisel-Deal zustande käme. Die USA, Israels wichtigster Verbündeter, lehnen eine Offensive in dem Ort an der Grenze zu Ägypten ab, solange Israel nicht plausibel darstellen kann, wie es zuvor Hunderttausende Binnenflüchtlinge in Sicherheit bringt, die sich dort drängen.
Das machte auch US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in einem Telefonat mit seinem israelischen Kollegen Joav Galant erneut deutlich. Darüber hinaus betonte er die Verpflichtung der USA, Israels Verteidigung zu unterstützen.
Netanjahu sagte aus Anlass des heutigen Holocaust-Gedenktages weiter: "Während des furchtbaren Holocausts gab es wichtige Staatenlenker, die abseits standen. Die erste Lektion aus dem Holocaust ist deshalb: wenn wir uns nicht selbst verteidigen, wird uns niemand anders verteidigen. Und wenn wir für uns alleine stehen müssen, dann werden wir für uns alleine stehen."
Al-Dschasira-Verbot in Israel
Unterdessen schloss Israel den arabischen TV-Sender Al-Dschasira im Land. Inspektoren des Kommunikationsministeriums und Polizisten durchsuchten gestern das Al-Dschasira-Büro im Hotel Ambassador in Ost-Jerusalem. Dabei seien Fernsehausrüstungen beschlagnahmt worden, bestätigte das Ministerium. Die israelischen Kabel- und Satellitennetzanbieter nahmen zudem den Sender demnach aus ihren Angeboten, der Zugriff auf seine Internet-Seiten wurde gesperrt.
Zuvor hatte die Regierung einstimmig beschlossen, die Tätigkeit der Fernsehanstalt in Israel zu untersagen, wie das Regierungspresseamt mitteilte. "Al-Dschasira-Korrespondenten haben der Sicherheit Israels geschadet und gegen israelische Soldaten gehetzt", sagte Netanjahu der Mitteilung zufolge. Es sei an der Zeit, "das Sprachrohr der Hamas aus dem Land zu werfen".
Israel wirft Sender Voreingenommenheit vor
Al-Dschasira berichtete seit Beginn des Krieges ausführlich über die katastrophale Lage im Gazastreifen und zeigte Bilder von Tod und Zerstörung, die in israelischen TV-Sendern kaum zu sehen sind. Der Sender zeigt auch regelmäßig Videos des militärischen Arms der Hamas von Angriffen auf israelische Soldaten.
Die Vorwürfe der Voreingenommenheit wies der Sender zurück. Man werde mit allen Mitteln gegen den Schritt vorgehen. Al-Dschasira wurde 1996 in Doha gegründet und galt als einer der ersten arabischen TV-Sender, der auch kritische Berichte über die Region veröffentlichte.
Die Vereinten Nationen betonten angesichts der Schließung die Bedeutung der Pressefreiheit. "Wir stehen fest gegen jede Entscheidung, die Pressefreiheit zurückzufahren", sagte ein UN-Sprecher in New York. "Die freie Presse leistet einen Dienst von unschätzbarem Wert, um sicherzustellen, dass die Öffentlichkeit informiert und engagiert ist."