Grenzach-Wyhlen Was dort passiert, wirkt sich hier aus

Die Oberbadische

Wirtschaftstreff: Bürgermeister Tobias Benz über gegenseitige Rückkopplungseffekte in der Grenzregion

Der Wille, aber auch der Zwang zu grenzüberschreitendem Denken zogen sich wie ein roter Faden durch die Redebeiträge im Rahmen des Wirtschaftstreffs. Rund 120 geladene Gäste waren dazu am Mittwochabend ins Haus der Begegnung gekommen. Dort sprach Bürgermeister Tobias Benz über Rückkopplungseffekte und „Wachstumsschmerzen“ als Folgen des dynamischen Wachstums beidseits des Rheins.

Von Tim Nagengast

Grenzach-Wyhlen. Was im Raum Basel passiert, hat stets unmittelbare Auswirkungen auf die ganze Agglomeration. Und in ihrer Mitte liegt – direkt neben Basel – Grenzach-Wyhlen. Hüben wie drüben ist eine dynamische Entwicklung im Gange, die enorme Chancen bietet und großes Potenzial freisetzt. Sämtliche Zeichen stehen auf Wachstum im zweitgrößten Life-Science-Cluster weltweit, wie aus Benz’ Redebeitrag hervorging.

Doch Wachstum hat stets zwei Seiten: Es tut gut, es tut aber auch weh. Freude verspürt etwa derjenige, der einen gutdotierten Job hat und in einer der Agglomerationsgemeinden mit hervorragender Infrastruktur lebt. Ganz anders hingegen mag derjenige das dynamische Wachstum der Region Basel empfinden, der – hüben wie drüben – händeringend eine bezahlbare Wohnung sucht oder zu der großen Mehrheit gehört, die mit einem deutschen Normal- oder Durchschnittsgehalt auskommen muss. Angesichts der Entwicklung in und um Basel herum sei jedenfalls klar, wohin die Reise gehen werde. Der Blick über die Grenze zum Nachbarn sei daher nicht nur Pflicht, sondern Selbstverständlichkeit, Stichwort: Rückkopplungseffekte.

„Wachstumsschmerzen“ war der Begriff, den Benz in diesem Kontext öfter in den Mund nahm. Denn der Zuzugsdruck ebbt nicht ab, die Dynamik gewinnt an Fahrt. Benz ist überzeugt: „Diese Entwicklung wird weitergehen, das ist sicher – nur nicht der Umfang.“ Da falle es schwer, etwa beim Wohnungsbau mitzuhalten. Dessen Schaffung habe für Grenzach-Wyhlen daher allerhöchste Priorität. „Nichtstun darf keine Lösung sein, sonst haben am Ende des Tages nur noch die hier Wohnraum, die sich das noch leisten können“, warnte Benz vor mittelfristig absehbaren sozialen Problemen, falls es nicht gelinge, genügend Wohnraum für alle Gruppen zu schaffen.

Wachstum tut einerseits wohl, andererseits weh

In der Doppelgemeinde wolle man da mit gutem Beispiel vorangehen, sagte Benz mit Verweis auf das „Bündnis für Wohnen“ (Neubauten an der Gartenstraße) oder die Planungen für Kapellenbach-Ost. Auch komme man nicht um eine weitere Verdichtung herum, wenn man dem Flächenfraß Einhalt gebieten wolle. „Und gerade die, die vor 20 oder 30 Jahren günstig gebaut haben, kommen dann und fragen heute: Brauchen wir das?“, warf der Rathauschef mit Blick auf die regelmäßig aufflammende Diskussion über Neubauprojekte in Grenzach-Wyhlen ein. Dennoch gelte es, den Spagat zu schaffen zwischen Wachstum und Verträglichkeit. Und dieser Herausforderung stelle sich die Gemeinde. Dazu sei sie geradezu verdammt. Benz: „Grenzach-Wyhlen darf sich nicht den Ast absägen, auf dem es sitzt.“

Ein großes Dankeschön sprach der Bürgermeister im Rahmen seines Vortrags nicht nur den Vertretern der grenzüberschreitenden sowie benachbarten und örtlichen Institutionen aus, sondern auch der heimischen Industrie: „Allein die Firmen DSM, Bayer, BASF und Roche haben in Grenzach-Wyhlen zuletzt Investitionen für 80 Millionen Euro vorgenommen beziehungsweise angestoßen.“

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