Wie das "Wall Street Journal" unter Berufung auf ägyptische Beamte berichtete, sieht der Vorschlag für ein Abkommen zwei Stufen vor. Die erste Stufe würde demnach die Freilassung von mindestens 20 Geiseln innerhalb einer Feuerpause von drei Wochen im Austausch gegen eine nicht näher bezeichnete Anzahl palästinensischer Häftlinge beinhalten. Die Dauer der Feuerpause könne für jede weitere Geisel um einen Tag verlängert werden, hieß es. Eine zweite Stufe würde eine zehnwöchige Waffenruhe umfassen, in der sich die Hamas und Israel auf eine umfangreichere Freilassung von Geiseln und eine längere Kampfpause einigen könnten, die bis zu einem Jahr dauern könnte. Die Hamas bestand bislang jedoch auf einem völligen Ende des Krieges, was Israel ablehnt. Beide Seiten verhandeln nicht direkt, sondern über die Vermittler Ägypten, Katar und USA.
"Israel hat sich mehr als nur flexibel gezeigt, um eine Einigung zu erzielen", zitierte die Zeitung "Times of Israel" einen israelischen Beamten. Man habe die Zahl der in einem ersten Schritt von der Hamas freizulassenden Geiseln gesenkt. Außerdem sei die israelische Seite offen für die Möglichkeit, dass die vor den Kämpfen in den Süden des abgeriegelten Gazastreifens geflüchteten Palästinenser ohne israelische Sicherheitskontrollen in den Norden zurückkehren, hieß es. Eine der Möglichkeiten, die derzeit geprüft werde, sei, dass Ägypten die Sicherheitskontrollen übernehme. Blinken hatte im Rahmen seiner mehrtägigen Reise zuvor neben Jordanien auch Saudi-Arabien besucht.
UN-Generalsekretär: Ohne Deal droht Eskalation
"Im Interesse der Menschen in Gaza, im Interesse der Geiseln und ihrer Familien in Israel und im Interesse der Region und der ganzen Welt ermutige ich die Regierung Israels und die Hamas-Führung nachdrücklich, jetzt eine Einigung zu erzielen", sagte UN-Generalsekretär António Guterres am Dienstag in New York. Ohne Einigung könne sich der Krieg "mit all seinen Folgen vor allem im Gazastreifen und in der gesamten Region exponentiell verschlimmern". Ein Angriff Israels auf Rafah wäre "eine unerträgliche Eskalation", sagte der UN-Chef.
Netanjahu: Offensive in Rafah geht mit oder ohne Geisel-Deal voran
Israels Regierungschef Netanjahu stellte allerdings klar, dass die angekündigte Offensive auf Rafah in jedem Fall erfolgen werde. "Wir werden nach Rafah hineingehen und die Bataillone der Hamas dort zerschlagen - mit Deal oder ohne Deal", sagte Netanjahu nach Angaben seines Büro am Dienstag bei einem Treffen mit Angehörigen israelischer Geiseln und gefallener Soldaten. "Die Idee, dass wir den Krieg stoppen, bevor alle seine Ziele erreicht sind, kommt nicht infrage."
Netanjahu steht unter starkem Druck seiner rechtsextremen Koalitionspartner, die mit einem Ende der Regierung gedroht hatten, sollte der jetzt vorgeschlagene Geisel-Deal umgesetzt und der angekündigte Militäreinsatz in Rafah gestoppt werden. Netanjahus politisches Überleben hängt von ihnen ab.
Für Empörung sorgte am Mittwoch die Ministerin Orit Strock von der Partei Religiöser Zionismus, die sagte, man dürfe nicht für die Rückkehr einer kleinen Anzahl von Geiseln die Kriegsziele Israels opfern. Strock sprach von einem "schrecklichen Deal", der auch die Geiseln gefährde, die nicht Teil davon seien. Man könne nicht die Kriegsziele "in den Müll werfen, um jetzt 22 oder 33 Menschen zu retten".