Lörrach Bach und Videokunst

Gabriele Hauger
Das delian::quartett inmitten eines Lichtspektakels Foto: Gabriele Hauger

Bachs Fugenkunst kombiniert mit einer 3D-Videoinstallation: Das delian::quartett verschaffte dem Publikum im Burghof ein außerordentliches Gesamtkunst-Erlebnis. Mit völlig neuen Eindrücken.

„Insight“ lautet der Titel des wohl einzigartigen Projekts. Ein musikalisch-visueller Abend voller Emotionen.

Das für seine genreübergreifenden, fantasievollen, auch gewagten, aber immer erfrischend am Publikum orientierten Projekte bekannte Quartett, hat keine Schranken im Kopf. Und so kreierten die vier Musiker – die Geiger Adrian Pinzaru und Andreas Moscho, Lara Albesano (Viola) und Cellist Hendrik Blumenroth – gemeinsam mit dem katalanischen Künstlerkollektiv Piedra Muda LAB einen speziellen Abend: Bachs mathematisch-geniale Fugenkunst, umgesetzt in Bilder.

Wie das geht? Gut gelaunt versuchte Geiger Andreas Moscho dies im Vorfeld des Konzerts dem Publikum zu erklären. Bachs Fugen wurden zunächst von Musikwissenschaftlern entschlüsselt und analysiert. Die Daten wurden dann in grafische Algorithmen umgewandelt, die wiederum Marc Molinos vom Künstlerkollektiv zu Bildwelten inspirierten. Moscho zeigte auf dem Videobeamer Noten, Zahlen, Grafiken, dazu ein paar Cellostriche – nicht jedem erschloss sich die intellektuelle, gleichwohl beseelte Konzeption, nach der die Musik in Bildwelten umgesetzt wird.

Bildwelten erinnern an Dali. Foto: Gabriele Hauger

Auch fürs Auge

Letztendlich ging es darum aber auch gar nicht. Das Quartett möchte die Kunst der Fuge mit ihrer geradezu hypnotischen Wirkung zusätzlich fürs Auge umsetzen. Dabei entsteht viel mehr als bloß schöne Bilder. Musik und Bilder werden zur Symbiose, sollen miteinander tanzen.

Ein gedehnter Geigenstrich – parallel wächst ein Torbogen in den Himmel. Schnelle Läufe, dazu ein von Sternschnuppen explodierenden Himmel. Leichtigkeit zu luftigen Farbblasen. Blühende Pflanzen, Flammen, Muster: Die bewegten Bilder erinnern mal an Dali, mal an Aufnahmen aus dem Universum. Sie nehmen Bezug zu Natur und Architektur, stecken voller Anspielungen auch auf den großen Bach, seine Herkunft, seine Musiktheorie. Sie müssen und sollen nicht permanent entschlüsselt werden – sie sollen wirken – tief, direkt. Für jede Fuge hat Molino eine eigene Bildwelt geschaffen.

Erfrischend unverkrampft

Architektur kombiniert mit Leichtigkeit Foto: Gabriele Hauger

Bachs Fugen sind eindrucksvoll konstruiert. Erfrischend unverkrampft wünscht sich Andreas Moscho indes vom Publikum: „Lehnen Sie sich zurück, genießen Sie. Wir nehmen Ihnen die Last des Verstehenmüssens“.

Inmitten der Bilderflut

Die Musiker selbst sitzen auf der Bühne quasi mittendrin in der Videoinstallation, umflutet vom Flimmern der Bilder. Eine anspruchsvolle Leistung, die das Quartett mit souveräner Konzentration und schlanker Spielweise ohne Vibrato meisterte.

Als der Abend mit dem letzten Strich der unvollendeten Fuge über drei neue Themen endet, muss man erst wieder zurück ins Hier und Jetzt finden, wieder Auftauchen aus einer Welt der Schönheit und des vollendeten Klangs. Ein Erlebnis, das man gerne einem größeren Publikum gegönnt hätte.

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