Lörrach „Der Staat hat auch die Pflicht, Leben zu schützen“

Die Oberbadische
Die SPD betont: „Die Grundrechte bestehen nicht nur aus Freiheits- und Abwehrrechten gegen den Staat.“                       Foto: Kristoff Meller

Corona-Demonstrationen: SPD-Fraktion verteidigt das Demonstrationsrecht, warnt aber vor dessen Instrumentalisierung

Lörrach - Die Lörracher SPD-Fraktion im Gemeinderat äußert sich in einer Stellungnahmen zu den jüngsten Demonstrationen für Grundrechte und Grenzöffnungen: „Durch die Corona-Pandemie sind zur Zeit Freiheitsrechte massiv eingeschränkt: das Recht auf Freizügigkeit, Versammlungsfreiheit und freie Religionsausübung.

Auch dass wieder Grenzen geschlossen sind, ist gerade für uns Menschen hier im Dreiländereck schwer erträglich. Dagegen zu protestieren, ist das Recht in einer Demokratie und seit Lockerung des Lockdowns auch wieder möglich“, schreibt die SPD.

Doch die für eine Demokratie fundamentalen Freiheitsrechte wie die Vereinigungsfreiheit, die Pressefreiheit, das Brief- und Fernmeldegeheimnis blieben die ganze Zeit unangetastet. Zudem bestünden die Grundrechte nicht nur aus Freiheits- und Abwehrrechten gegen den Staat: „Der Staat hat auch die Pflicht, Leben zu schützen, wie es in Artikel 2 Absatz 2 unseres Grundgesetzes steht.“

„Die Gewaltenteilung als Prinzip eines Rechtsstaats hat funktioniert.“

Auch Klimaschutz sei Lebensschutz und schränke gewisse Freiheiten ein. Der Schutz der körperlichen Unversehrtheit sei zentrales Verfassungsgebot, so die SPD. Auch das Sozialstaatsgebot aus dem unveräußerlichen Verfassungskern in Artikel 20 schränke Freiheit ein. Artikel 17 Absatz 2 sehe vor, dass Gesetze zum Schutz der Zivilbevölkerung das Recht auf Freizügigkeit einschränken könnten. So sei es durch das Infektionsschutzgesetz von 2001 geregelt.

„Entscheidend in einer Demokratie ist immer, dass die Maßnahmen eine gesetzliche Grundlage haben, und dass sie verhältnismäßig sind. Ersteres ist gegeben, über die Verhältnismäßigkeit lässt sich mit Sicherheit streiten“, schreibt die Fraktion. „Doch war es die ganze Zeit über möglich, den juristischen Weg bis hin zum Bundesverfassungsgericht einzuschlagen, um Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit überprüfen zu lassen. Die Gewaltenteilung als fundamentales Prinzip eines demokratischen Rechtsstaats hat funktioniert.“

Und weiter: „Wir als Sozialdemokraten appellieren deshalb, nicht unreflektiert an Kundgebungen gegen Einschränkungen durch Corona teilzunehmen, an denen Verschwörungsanhänger, Corona-Leugner, Demokratiegegner und selbsternannte Grundrechtsschützer teilnehmen. Zum Glück waren es in Lörrach nur wenige. Wer sich aber mit einer Vereinigung wie ’Widerstand 2020’ gemein macht, die gegen die Parlamente, gegen die ’Systemparteien’ und für einen ’Volkskörper’ eintritt, der verlässt den Boden des demokratischen Konsenses.

Gerade wir Sozialdemokraten wissen aus eigener – auch Lörracher – Geschichte, was Abschaffung von Freiheit bedeutet. Wir treten daher für das Recht ein, auch durch Demonstrationen gegen momentane Einschränkungen und deren Verhältnismäßigkeit zu protestieren.“

Die Öffnung der Grenzen, der Wiederbetrieb der Kitas und Schulen, der Umgang mit pflegebedürftigen Menschen und die Möglichkeit öffentlicher Veranstaltungen seien auch für Lörrach zentrale Themen, wo sich die lokalen Entscheidungsträger immer wieder fragen lassen müssten, ob die richtigen Maßnahmen getroffen worden seien, so die SPD.

„Wir distanzieren uns aber davon, die Demonstrationen nur als Vorwand zu nehmen, um die Grundwerte unserer Demokratie und Rechtsordnung in Frage zu stellen. Wer jetzt nur für die Freiheitsrechte demonstriert, muss in dieser aktuellen Situation den Menschen auch sagen, dass ihm der Schutz des Lebens wenig bedeutet.“

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