^ Lörrach: Ein Teil unserer Stadtgeschichte - Lörrach - Verlagshaus Jaumann

Lörrach Ein Teil unserer Stadtgeschichte

Die Oberbadische
Noch heißt die Straße Carl-Keller-Weg. Der Namensgeber ist indes in Verruf geraten. Foto: Meller Foto: Die Oberbadische

Erinnerungskultur: Carl-Keller-Weg: Sensibilität beim Umgang mit der Vergangenheit gefordert

Lörrach - Die AG Erinnerungskultur, die in den vergangenen Jahren ausführlich an einem Konzept für die Stadt Lörrach gearbeitet hat, empfiehlt in der Diskussion um den Carl-Keller-Weg einen sensiblen Umgang mit den historischen Ereignissen.

Die Debatte um den Straßennamen hat zuletzt an Intensität zugenommen, seit die Beteiligung des namensgebenden Arztes an Zwangssterilisationen im Lörracher Krankenhaus bekannt geworden war.

Unter Einbeziehung der Anlieger des Carl-Keller-Wegs plant die Stadt Lörrach nun das weitere Verfahren bis zum geplanten Gemeinderatsbeschluss Anfang nächsten Jahres.

Der Carl-Keller-Weg wurde 1965 durch den Gemeinderat nach dem Arzt Carl Keller benannt, der sich am Lörracher Krankenhaus Verdienste erworben und sich auch für Kriegsverwundete in der Stadt engagiert hatte.

Eine Doktorarbeit des Arztes Johann Faltum aus dem Jahr 2016 brachte jedoch zu Tage, dass Carl Keller ab Mitte der 1930er Jahre mindestens 199 Zwangssterilisationen als Chefarzt persönlich durchgeführt hat. Mehr noch, hat sich Keller sogar persönlich um diese Tätigkeit beworben.

Die Arbeitsgruppe Erinnerungskultur hatte sich schon frühzeitig dafür ausgesprochen, dass diese Straßenbenennung im Anschluss an die Verabschiedung des Konzepts überdacht werden muss. Durch die öffentliche Diskussion im Sommer wurde diese Debatte etwas früher als geplant durchgeführt.

Während einer Sitzung Mitte September sprach sich die Arbeitsgruppe mehrheitlich für eine Umbenennung der Straße aus und empfiehlt in jedem Fall eine erklärende Tafel anzubringen, die sowohl die Geschichte Carl Kellers als auch die Geschichte der Straßenbenennung in kurzen Zügen darstellt. Der Arbeitsgemeinschaft ist es wichtig, diese Geschichte nicht nur durch eine Umbenennung einfach zu entfernen. Die Geschichte der Namensgebung ist letztlich auch ein Teil der Stadtgeschichte, die nicht vergessen werden sollte.

Es gab allerdings auch Stimmen, die sich für eine Beibehaltung des Straßennamens ausgesprochen haben. Auch diesen Mitgliedern war aber die historische Einordnung Carl Kellers sehr wichtig, die aber hier durch eine Beibehaltung und Erklärung des Namens erreicht werden sollte.

Idee für Umbenennung: Annemarie Schier

Für den Fall, dass es abschließend durch den Gemeinderat zu einer Umbenennung kommen sollte, hat die Arbeitsgruppe auch bereits erste Vorschläge für einen Namen des Weges präsentiert. Favorit aller Anwesenden war der Name Annemarie-Schier-Weg.

Die Kinderärztin Annemarie Schier war in der Stadt eine sehr beliebte Ärztin und hat sich laut verschiedenen Zeitzeugenberichten in der Zeit der NS-Herrschaft für Kinder der Stadt eingesetzt und möglicherweise auch kranken jüdischen Menschen zur Flucht über die Grenze verholfen.

Die Stadtverwaltung plant die nächsten Schritte der möglichen Umbenennung ohne Zeitdruck, sodass bis Anfang 2021 eine Entscheidung im Gemeinderat vorbereitet werden kann.

In einem nächsten Schritt sollen unter anderem der Vorschlag der AG Erinnerungskultur sowie weitere Vorschläge auch mit den Anliegern des Carl-Keller-Wegs diskutiert werden. Oberbürgermeister Jörg Lutz dankt der guten Vorbereitung durch die Arbeitsgruppe und spricht sich nun dafür aus, die weiteren Schritte ohne Druck und mit viel Fingerspitzengefühl voranzubringen: „Wir haben es in den letzten Jahren in der Erinnerungskultur geschafft, dass sehr schwierige Prozesse und Diskussionen in einem sehr einvernehmlichen Miteinander endeten. Dies wird am besten deutlich in der Entscheidung für die Verlegung von Stolpersteinen in unserer Stadt. Mir ist sehr daran gelegen, dieses gute und konstruktive Miteinander auch in der Entscheidungsfindung zum Carl-Keller-Weg fortzuführen. Daher gehen wir nun mit einer klaren Haltung in einen offenen Dialog mit den Grundstückseigentümern und den Entscheidungsträgern und tun alles für eine einvernehmliche Lösung.“

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