Lörrach „Wir suchen Mieter!“

Kristoff Meller

Daniel Sieber und Marc Läuffer sprechen erstmals über Pläne der Volare Group für weitläufiges KBC-Areal.

Lörrach - Die Schweizer Volare Group hat für das KBC-Areal langfristige Pläne (wir berichteten gestern). Daniel Sieber, Präsident des Verwaltungsrats, und Marc Läuffer, Geschäftsführer der Immobilien-Pool AG und zuständig für die Vermietung, äußern sich im Gespräch mit Kristoff Meller und Bernhard Konrad erstmals öffentlich zu ihren Plänen. Kristoff Meller hat das Interview anschließend bearbeitet.

Herr Sieber, die Oel-Pool AG hat das KBC-Areal im Frühjahr 2018 gekauft. Warum investiert ein Schweizer Konzern aus dem Bereich Brenn- und Treibstoffe in Lörrach?

SIEBER: Das Unternehmen heißt seit kurzem Volare Group, die Oel-Pool ist ein Bein davon. Wir sind von Haus aus Öl-Händler und besitzen 533 Tankstellen in der Schweiz. Ich weiß nicht, ob Sie „Ruedi Rüssel“ kennen – das sind wir. Dann haben wir vor rund 30 Jahren angefangen, unsere Öl-Abteilung zu vergrößern und haben viele Öl-Händler aufgekauft. Die Waschstraßen der Marke „softcarwash“ gehören auch zu uns. Eine befindet sich direkt neben dem KBC-Areal.
Wir haben dann irgendwann jedoch gesagt, dass wir auch in andere Produkte investieren möchten. Deswegen heißt die Holding heute Volare Group. Unter diesem Dach befinden sich Firmen aus verschiedensten Branchen – beispielsweise die Wintersport-Textilfirma Belowzero, der Möbelhersteller de Sede und holzproduzierendes Gewerbe. Dazu gibt es ein Bein mit Immobilien in der Schweiz, Deutschland, Albanien, Rumänien und der Slowakei sowie diverse Beteiligungen an anderen Firmen und sogar einen Brezelshop in Perth in Australien. Wir machen viele Sachen, an denen wir einfach Freude haben.

Nun haben Sie das KBC-Gelände erworben und die Imprima-Gruppe ist Ihr größter Mieter. Nachdem die Produktion weitgehend nach Como verlagert wurde, benötigt die Imprima wohl nur noch 6000 statt 55 000 Quadratmeter. Was geschieht mit den freien Flächen?

SIEBER: Wir kaufen Immobilien unter perspektivischen Gesichtspunkten. Natürlich möchten wir Geld verdienen, aber das schnelle Geschäft interessiert uns nicht. Es wollte uns beispielsweise schon jemand das Gelände abkaufen, aber wir haben gar nicht darauf reagiert. Wir planen auf viele Jahre hin und wenn jetzt jemand mehr bezahlen will, interessiert uns das nicht. Wir mussten jedoch erst abwarten, was die Imprima wirklich will, deswegen waren wir zunächst untätig. Jetzt haben wir Klarheit und können planen.
Auch mit dem zweiten Mieter, der Firma Contender Finishing, haben wir einen guten Kontakt. In der Zukunft sollte sie ein Ankermieter werden. Für das übrigen Gelände planen wir jetzt und saßen auch schon mit Marion Ziegler Jung (Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderung Lörrach, Anm. d. Red.) und Oberbürgermeister Jörg Lutz zusammen, um ihre Wünsche zu hören. Nun müssen wir das mit unseren Ideen abgleichen.
Ich kann mir grundsätzlich ganz verschiedene Dinge auf dem Areal vorstellen. Vielleicht auch ein Projekt mit Startups, an dem wir uns selbst finanziell beteiligen. Denn wir wollen unsere Firma in Zukunft ausbauen und neue Standbeine schaffen. Gerade wenn es junge Menschen gibt, die eine tolle Idee haben, reden wir gerne mit ihnen. Wir haben Freude daran, etwas auszuprobieren und in Neues zu investieren, wenn es Sinn macht. Und: Wenn wir unser eigener Mieter sind, ist uns das sogar am liebsten (lacht).

Sie können sich also vorstellen, das Gelände gemeinsam mit der Stadt zu entwickeln oder zumindest im Dialog?

SIEBER: Im Dialog. Wir denken, es sollte ein Geben und Nehmen sein. Es muss aber ein überzeugendes Projekt sein, denn wir sind sehr langfristig interessiert. Die ersten Gespräche haben wir geführt und wir sind auch in Kontakt mit dem Denkmalschutz. Wir müssen miteinander Lösungen finden und schauen, welche neue Firmen sich auf dem Areal ansiedeln könnten. Wir wollen hier etwas aufbauen. Es muss natürlich für uns passen, aber auch für Lörrach, denn wir haben gelernt, dass man miteinander viel weiter kommt.
LÄUFFER: Wir können sicher auch für Gewerbetreibende aus Lörrach und Umgebung entsprechende Flächen anbieten – wir suchen Mieter! Es wird zwar erst noch ein entsprechendes Schild aufgestellt, aber schon jetzt haben wir einige Anfragen von Betrieben, die größere Flächen benötigen oder ihre Produktionsstätten zusammenlegen möchten. Nun geht es darum, ein Konzept zu erstellen, um die richtigen Flächen den richtigen Mietern zuzuweisen.
Bislang war das Gelände ein homogenes Konstrukt, nun muss es aufgeteilt werden. Das bringt viele Fragen mit sich – beispielsweise zum Brandschutz. Wir arbeiten eng mit der Stadtverwaltung zusammen, das braucht allerdings alles Zeit. Unser langfristiges Ziel ist es, eine Art Gewerbepark entstehen zu lassen. Das haben wir schon an anderen Orten erfolgreich praktiziert. Es dauert ein paar Jahre, dafür haben wir aber hinterher eine nachhaltige Wirtschaftlichkeit.

Können Sie schon etwas zum Schaudepot der KBC sagen? Die Imprima-Gruppe will die dort befindlichen Objekte nach unserem Kenntnisstand künftig im Hauptgebäude unterbringen.

SIEBER: Es gibt schon Überlegungen, aber es ist noch nicht sicher, was passiert. Wir hätten Ideen dazu, müssen aber noch mit der Stadt Gespräche führen. Ich kann mir dort gewisse Kombinationen vorstellen, aber das wollen wir miteinander entwickeln.
LÄUFFER: Wir sind uns der 250-jährigen Geschichte der Textilfirma KBC bewusst und werden das ganz sicher in irgendeiner Form würdigen. Wir sind aber noch nicht soweit, um Auskünfte geben zu können.

Gibt es schon Erkenntnisse bezüglich eventueller Altlasten im Boden?

SIEBER: Das haben wir vor dem Kauf umfassend geprüft, weil es für uns natürlich ein Riesenthema war. Es wurde von einer externen Firma an vielen Stellen gebohrt und untersucht. Es wurden keine nennenswerten Verschmutzungen gefunden. Am Boden wird die Entwicklung also nicht scheitern.

Die Stadt Lörrach hat damals kommuniziert, das ein Kaufpreis von gut 28 Millionen Euro für das Areal geboten wurde. Sie hat die Summe öffentlich gemacht, weil sie kritisiert wurde, das sie das Gelände nicht selbst gekauft hat. Können Sie die Zahl bestätigen?

SIEBER: Wir reden prinzipiell – bis auf den Umsatz – nicht über Zahlen unserer Firma. Ich nehme an, dass es ungefähr diese Höhe war, ich habe es aber gerade vergessen (lacht). Das Gelände ist nicht günstig gewesen, aber wir denken, es ist ein Ort, der für Lörrach zukünftig wichtig wird und solche Objekte sind immer etwas teurer. Die Stadt hatte ja das Vorkaufsrecht und musste das entscheiden.

Das war das Thema. Nur hat man sich in der Bevölkerung gefragt, wer sind diese Investoren, die so viel Geld in die Hand nehmen?

SIEBER: Ich kann mir vorstellen, dass das ein Thema war. Darum sind wir extra zum Oberbürgermeister gegangen und haben ihm gesagt, was wir vorhaben.

Herr Lutz hat diese öffentliche Unsicherheit danach auch schon etwas abgemildert, indem er Ihre „seriösen Absichten“ öffentlich betont hat.

SIEBER: Ja, wir wollen etwas Seriöses aufbauen, über das meine Nachfolger in 40 Jahren sagen können, das hat der Sieber nicht schlecht gemacht.

Sie stellen sich also breit und neu auf, weil die Öl-Branche in Zukunft voraussichtlich nicht mehr so lukrativ und interessant sein wird?

SIEBER: Das ist genau der Punkt. Wenn Sie heute ein neues Haus bauen, kommt da keine Öl-Heizung rein. Wenn Sie ein neues Auto kaufen, ist es vielleicht elektrisch, auch wenn ein Wasserstoff-Auto viel sinnvoller wäre. Uns geht es heute gut, aber wir wissen, dass unser Produkt nicht die Zukunft ist. Deshalb suchen wir nach neuen, interessanten Investitionsmöglichkeiten.

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