Lörrach Raubüberfall war nicht zu beweisen

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Auch eine gefährliche Körperverletzung war Thema der Verhandlung (Symbolfoto). Foto: Die Oberbadische

Gericht: Täterbeschreibung zu ungenau / Zeugen haben laut Richter „bewusst gelogen“

Lörrach -  Seit Anfang Februar standen zwei 20 Jahre alte Männer wegen mehrerer Vorwürfe vor dem Jugendschöffengericht Lörrach. Der Hauptvorwurf bezog sich auf einen Raubüberfall am 8. April 2018 in der Schwarzwaldstraße. Es ließ sich jedoch nicht beweisen, dass die beiden Angeklagten daran beteiligt waren. Wegen anderer Straftaten wurde der Haupttäter zu einer Jugendstrafe verurteil. Der zweite Mann wurde freigesprochen.

Je mehr Zeugen, um so chaotischer

Drei Tage wurde verhandelt (wir berichteten hier und hier). Und je mehr Zeugen vernommen wurden, um so chaotischer wurde das Bild. Dem Gericht fiel nun die schwere Aufgabe zu, diesen Wust von Beschuldigungen und Verdächtigungen auf eine objektive Basis zu stellen.

Beim Raubüberfall an der Schwarzwaldstraße hatte ein Verwandter des Geschädigten durch eigene Ermittlungen bewusst oder unbewusst mehrere Zeugen beeinflusst. Er hatte ihnen ein Foto des Hauptangeklagten vorgelegt und behauptet, dass dies einer der Täter gewesen sei. Natürlich sagten danach die Zeugen übereinstimmend aus, sie könnten den Angeklagten als Täter identifizieren. Es wurde zudem deutlich, dass einige der Zeugenaussagen miteinander abgesprochen oder zumindest abgestimmt waren.

Weitere Tatkomplexe

Zwei weitere Tatkomplexe betrafen eine gefährliche Körperverletzung am 23. Juni 2018 am Eichener See in Schopfheim und eine vorsätzliche Körperverletzung am 24. Februar 2019 auf dem Engelplatz in Lörrach.

In Schopfheim soll der Hauptangeklagte eine Massenschlägerei ausgelöst haben. Dies war der einzige Punkt, der vom Angeklagten eingeräumt wurde. Am Engelplatz soll er einem 22-Jährigen unvermittelt mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Alle Beteiligten seien stark alkoholisiert gewesen. Auch wenn hier kein Geständnis vorlag, sah das Gericht diese Tat als gegeben an.

Die Strafanträge

Der Staatsanwalt stellte fest, dass der Raubüberfall den beiden Angeklagten nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen sei und forderte für beide einen Freispruch.

Für den Hauptangeklagten forderte er wegen der gefährlichen Körperverletzung – einen Tritt gegen den am Boden liegenden Geschädigten am Engelplatz – und wegen der Schlägerei in Schopfheim unter Einbeziehung einer noch offenen einjährigen Jugendstrafe aus dem Jahr 2017 eine Jugendstrafe von zwei Jahren. Ferner eine Geldauflage von 2000 Euro.

„Nichts genaues weiß man nicht“, meinte der Verteidiger des Hauptangeklagten zum Tatkomplex „Engelplatz“. Die Zeugenaussagen seien extrem widersprüchlich, da zum Tatzeitpunkt alle stark unter Alkohol gestanden hätten. Sein Mandant hätte lediglich einen Schlag bei der Schlägerei in Schopfheim zugegeben. Dafür sei eine geringe Strafe gerechtfertigt.

Das Urteil

„Wir haben selten ein Verfahren erlebt, in dem uns die Zeugen so bewusst angelogen haben“, stellte der Vorsitzende Richter Martin Graf in der Urteilsbegründung fest. Das Jugendschöffengericht sprach den Hauptangeklagten der gefährlichen und der vorsätzlichen Körperverletzung schuldig. Es verhängte eine Jugendstrafe von einem Jahr sechs Monaten, wobei die offene Strafe von einem Jahr einbezogen wurde. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Der Angeklagte muss eine Geldauflage von 1000 Euro in Raten bezahlen und sich einem Bewährungshelfer unterstellen. Von den weiteren Vorwürfen wurde er freigesprochen. Der zweite Angeklagte wurde von allen Vorwürfen freigesprochen.

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