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Maulburg Wenn die Toleranzschwelle sinkt

Kathryn Babeck und Christoph Schennen
Eine der Unterkünfte für Geflüchtete: Die alte Alemannhalle befindet sich direkt beim Sportplatz. Foto:  

In der Gemeinde gibt es in nächster Nähe zwei Unterkünfte für Geflüchtete. Nun hat sich ein Anwohner-Ehepaar über den Lärm beschwert. Für das Landratsamt ist das nichts Neues.

Ein Anwohner-Ehepaar hat sich in der Gemeinderatssitzung über Lärm beschwert. Sie wohnen in der Nähe der Sportanlagen und in nächster Nähe der alten Alemannenhalle und der ehemaligen Gewerbeimmobilie von Medima in der Höllsteiner Straße. In beiden Gebäuden sind Geflüchtete untergebracht. Laut Florian Kröncke, Fachbereichsleiter Aufnahme und Integration vom Landratsamt Lörrach, leben in der Sporthalle derzeit 95 Menschen. Darunter sind 60 alleinstehende Männer, 20 Kinder, die in neun Familien leben.

Leben in der Unterkunft

Das Leben in der Halle sei anstrengend, die Geflüchteten hätten kaum Privatsphäre. Sein Eindruck sei, dass die Bewohner nicht „anecken wollen“. Die Atmosphäre sei nicht aggressiv, fügt er hinzu. Die Menschen sprechen unterschiedliche Sprachen, kommen aus verschiedenen Kulturen, da blieben Konflikte nicht aus.

Seit Dezember 2023 befinden sich in der Gewerbeimmobilie von Medima minderjährige Geflüchtete. Dort leben aktuell zwischen 40 und 60 Jugendliche, zumeist nur für wenige Wochen.

Fußball spielen

In der Gemeinderatssitzung beschwerte sich das Ehepaar über den Lärm beim Fußballspielen. Die jungen Männer würden zu laut Fußball spielen. Der Lärmpegel sei ein anderer als bei den Deutschen. Zudem würden die Maulburger Jugendlichen gar nicht mehr zum Spielen kommen, erzählt die Frau auf Nachfrage am Telefon. Wenn viele Geflüchtete auf dem Platz wären, würden sich die Einheimischen nicht mehr trauen zu spielen. Die Maulburger Jugendlichen würden nur noch mit ihren Vereinen trainieren. „Es fühlt sich keiner dafür zuständig, ihnen Regeln und Ordnung beizubringen“, sagt sie. Wenn sie diese Dinge anspreche, sorge sie sich jedoch, dass sie in die „rechte Ecke“ geschoben werde. In der Höllsteiner Straße sei sie jedoch nicht die einzige, die sich an diesen Dingen störe.

Enttäuscht

Über Ostern habe sich niemand um die minderjährigen unbegleiteten Geflüchteten gekümmert, die in der ehemaligen Gewerbeimmobilie von Medima sind. Lediglich der Sicherheitsdienst sei dort gewesen, sagt die Frau. Erwachsene aus der alten Alemannenhalle hätten ihren Mann auch schon mit Worten bedroht. Der Heimleiter habe dann das Problem vor Ort mit den Geflüchteten geklärt, sagt sie. 2015 hatte sie intensiv Geflüchteten geholfen, mittlerweile sei sie enttäuscht. Der Mann einer jesidischen Familie, die sie betreut habe, arbeite nun in einer Metzgerei. Andere Familien hingegen hätten sich am deutschen Staat bereichert. Wegen des Lärms wünsche sie sich eine klare Regelung. Das Wochenende sei ihr heilig. Eine Möglichkeit wäre, wenn die Geflüchteten unter der Woche bis um 20 Uhr auf dem Fußballplatz spielen, überlegt sie.

Ein bekanntes Problem

Torben Pahl, Pressesprecher des Landratsamtes, erwidert, dass die Jugendlichen in der ehemaligen Gewerbehalle der Medima jeden Tag betreut werden, auch an Ostern. Der Umfang der Betreuung könne jedoch variieren, je nachdem wie viele Betreuungskräfte zur Verfügung stünden. Des Weiteren schreibt Pahl, dass das Landratsamt mit den Verantwortlichen des Vereins und der Gemeinde gesprochen habe. Der Sportverein habe keine Schwierigkeiten gemeldet. Das Landratsamt habe dennoch Regelungen getroffen, damit die jungen Geflüchteten nur in bestimmten Zeiten den Fußballplatz benutzen. Bei der Wahl des Zeitraums hätten sie auf die Vereinstätigkeit und die Freizeitgestaltung der einheimischen jungen Menschen geachtet. Seitdem habe es keine Beschwerden mehr gegeben.

Kröncke sagt, er kenne die Problematik. Das Lärmthema gebe es schon lange. Deshalb suche er das Gespräch mit den Anwohnern. Die Herausforderung in Maulburg sei, es gebe zwei Einrichtungen für Geflüchtete, die nah beieinander liegen. Zuweilen sei es schwierig einzuordnen, wer wohin gehöre. Der Sicherheitsdienst sorge für Nachtruhe. Die Jugendlichen seien jedoch nachts unterwegs, da hätten sie wenig Handhabe. Er betont: „Wir stellen uns nicht blind.“ Alles, was an sie herangetragen werde, versuchen sie zu lösen. Die Lärmfrage hält Bürgermeister Jürgen Multner für ein überschaubares Problem. Da beide Unterkünfte in der Verantwortung des Landkreises liegen, könne die Gemeinde wenig tun. Wenn es nachts zu laut werde, müsse die Polizei gerufen werden, sagt er. Wenn Jugendlichen rausgehen und sich nicht online beschäftigen, sei er froh. Vielmehr bereite ihm die sinkende Toleranzschwelle mancher Bürger und der rauere Umgangston Sorgen.

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