Schopfheim Den Nummern einen Namen geben

Hans-Jürgen Hege

Stolpersteine: Initiative will beim Markus-Pflüger-Heim der Opfer der NS-Euthanasiepolitik gedenken

Schopfheim-Wiechs - Mehr als 80 000 Stolpersteine hat der Künstler Gunter Demnig in 27 Ländern bereits verlegt – auch in der Markgrafenstadt. Bald könnten schon ein paar weitere dazu kommen.

In der Wallstraße in Schopfheim sorgte das Team im vergangenen Herbst mit drei Stolpersteinen dafür, dass das Andenken an die von den Nazis verschleppte Familie Auerbacher lebendig bleibt.

Für Marianne Merschhemke, die mit der Initiative „Stolpersteine Wiesental“ den Künstler Gunter Demnig für das Projekt in der Altstadt gewinnen konnte, war schon damals klar, dass es nicht „bei nur drei Steinen bleiben wird“.

So lag es auf der Hand, dass die Initiative ihre Fühler auch ins Markus-Pflüger-Heim nach Wiechs ausstreckte. „Schließlich“, so die Stadträtin der Grünen bei der jüngsten Sitzung des Ortschaftsrates, „haben die Nazis auch um diese Einrichtung keinen Bogen gemacht: Auch von hier wurden Menschen deportiert und umgebracht“.

In der Tat: Im Zusammenhang mit dem so genannten „Euthanasie-Programm“ holten die Nazis im Rahmen der T4-Aktion im Jahr 1940 psychisch kranke Menschen aus den Pflegeheimen und brachten sie in so genannten NS-Tötungsanstalten systematisch um.

Dieses Schicksal ereilte auch mehr als 100 Bewohner der damaligen Kreispflegeanstalt in Wiechs, obwohl sich deren Leiter, der Arzt Herbert Piepenbrink, gegen den Abtransport nach Grafeneck zu wehren versuchte (wir berichteten mehrfach).

Marianne Merschhemke bat die Ratsmitglieder und die Dorfbewohner um Unterstützung bei den Recherchen mit dem Ziel, zu vorhandenen anonymen Nummern auch die Namen der dazugehörigen Menschen hinzufügen zu können.

Ihrem Vorhaben, Stolpersteine oder eventuell auch eine Stolperschwelle ins Pflaster einzubauen, wollte der Ortschaftsrat denn auch keine Steine in den Weg legen.

„Ich finde das gut“, signalisierte Ortsvorsteher Ino Hodapp umgehend Zustimmung und versprach, Kontakt unter anderem zum früheren Heimleiter Bernd Sevecke aufzunehmen, der möglicherweise noch Zugriff auf alte Akten und Dokumente haben könnte, die dem Projekt dienlich wären.

„Es geht uns nicht zuletzt darum zu zeigen, dass es außer den Juden auch noch andere Opfer der Nazis gegeben hat“, sagte Marianne Merschhemke, die glaubt, dass in Wiechs sogar über 120 Menschen betroffen gewesen sein könnten.

Sie suche nun Menschen im Ort, die sich engagieren möchten und bereit sind, Licht ins Dunkel um Namen zu bringen, hinter den Namen die tragischen Schicksale zu entdecken und so Geschichte verständlich zu machen.

„Was passiert ist, dürfen wir nicht in die Vergessenheit rutschen lassen“, sagte sie und gab als erste Zielmarke eine mögliche Verlegung von Stolpersteinen im Frühjahr 2023 aus. Den Zeitpunkt könne man im Falle von notwendigen weiteren Recherchen jederzeit verschieben, so Merschhemke. Zu den Kosten hatte sie auf Fragen aus dem Ratsrund eine beruhigende Auskunft parat: „Steine kosten rund 120 Euro, die aus Spenden finanziert werden. Auf Wiechs kommen also keine Kosten zu.“

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