Steinen Für das Klimakonzept braucht es den Diskurs

Kathryn Babeck
Die Gemeinde ließ jüngst diese Fotovoltaikanlage auf dem Bürgerbüro neben dem Rathaus installieren. Foto: zVg

Die Gemeinderäte haben ein Klimaschutzkonzept verabschiedet. Der Ausstoß von Treibhausgasen soll drastisch gesenkt werden. Diese Zeitung sprach mit dem Klimamanager Ronny Buth über den Weg dahin.

Sich um Menschen und die Gesellschaft kümmern, das ist sein Lebensthema, sagt Ronny Buth. Zunächst hat er als Hauptkommissar in Berlin gearbeitet und dann einen Master und dann einen Master in nachhaltiger Entwicklung und ein Studium in Prozessgestaltung absolviert. Seit einem Jahr ist der aus Mecklenburg-Vorpommern Gebürtige Klimaschutzmanager der Gemeinde Steinen. Jüngst haben die Gemeinderäte einstimmig, das von ihm erarbeitete Energie- und Klimaschutzkonzept verabschiedet. Es beinhaltet einen Katalog mit 51 Maßnahmen.

Klimamanager Ronny Buth Foto: zVg/Ronny Buth

Viele Beteiligte

Buth betont, dass dies ein Werk von vielen Beteiligten ist. Es sei ein partizipatives Konzept. Natürlich habe der Fördergeber die Rahmenbedingungen vorgegeben. Im März 2023 gab es eine Bürgerbeteiligung, dann zahlreiche Workshops mit Gemeinderäten. Bei der Bürgerbeteiligung seien jedoch nur 4 bis 5 Personen ins Meret-Oppenheim Schulzentrum gekommen, bedauert er, auch wenn offensiv dazu eingeladen worden sei. Der Grundgedanke des Konzept ist: Keine Verbote, sondern beraten und überzeugen. „Das ist eine große Herausforderung, wenn alles auf Freiwilligkeit fußt,“ sagt Buth.

Erwärmung begrenzen

Die Grundlage sind die Vereinbarungen der UN-Klimakonferenz von Paris 2015, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken. Mittlerweile sind wir eher bei zwei Grad, fügt Buth hinzu. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Treibhausgase, die für die Erwärmung verantwortlich sind, drastisch reduziert werden. Baden-Württemberg hat beschlossen, 2040 „treubhausgasneutral“ zu sein. Übersetzt heißt das, es dürfen durch den Menschen nur so viele Treibhausgase ausgestoßen werden, wie auf natürlichem oder technischem Weg aus der Atmosphäre entfernt werden können. Wann das Klimaziel für Steinen erreicht werden soll, darüber muss der Gemeinderat noch abstimmen. Laut Buth ist das Jahr 2040 anvisiert.

Agenda 21

Für das Klimaschutzkonzept hat Buth den Istzustand der Gemeinde festgehalten. Diesem liegen Daten von 2019 zugrunde. Neben vielen anderen Informationen hat er die Protokolle der Mitstreiter der Agenda 21 in Steinen gesichtet. Die UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro hat 1992 ein entwicklungs- und umweltpolitisches Aktionsprogramm mit Handlungsempfehlungen für das 21. Jahrhundert, die Agenda 21, verabschiedet. Die ehrenamtlich Aktiven haben dann in Steinen nach 2000 Hausdächer untersucht, ob sie sich für Fotovoltaik eignen. „Damals haben die Beteiligten gute Arbeit geleistet,“ sagt Buth. Viele seien nun alt, leben nicht mehr oder der Kontakt sei abgerissen, bedauert er.

CO2-Ausstoß

Die Neuvermessung der Gemeinde hat ergeben, dass sie über 4685 Hektar Wald, also über 61 Prozent Waldfläche, verfügt, 9988 Einwohner zählt, 2589 Wohngebäude hat und 6309 Autos vorhanden sind. Steinen habe keine große Industrie, erläutert Buth. Die Haushalte und der Verkehr sind die Hauptverbrauch von fossiler Energie wie Gas, Kohle und Kraftstoffe. Knapp 49 000 Tonnen CO2 stößt die Gemeinde pro Jahr aus. Pro Einwohner sind das jährlich 4,9 Tonnen.

Ziel 2040

Um die Gemeinde bis 2040 treibhausneutral zu bekommen, müssten alle Fahrzeuge und Heizungen mit elektrischer und erneuerbare Energie betrieben werden. Buth betont die Notwendigkeit der Umsetzung, indem er auf die Starkregenereignisse, die Hitze oder auf die Zunahme von invasiven Tierarten verweist. In Steinen werde gerade das Nahwärmenetz ausgebaut, sagt er. Aber für diejenigen Haushalten, die nicht daran angeschlossen werden können, bedarf es Individuallösungen. „Zu all diesen Fragen braucht es Mut zu einen offenen Diskurs,“ betont Buth immer wieder.

Fotovoltaik

Die Gemeinde Steinen hat auf 13 Prozent der Dächer Fotovoltaik, 87 Prozent sind noch nicht erschlossen. Auf 172 Hektar könne die Gemeinde zudem solche Anlagen aufstellen. Buth: „Nicht jeder kann sich für zuhause eine solche Anlage leisten.“ Deshalb ist eines der sechs Handlungsfelder des 51. Punkteplans die Kommunikation und Kooperation, da geht es um Beratungen, Veranstaltungen, eine Sensiblierung für eine klimafreundliche Lebensweise, Umweltprojekte oder das Bürgerengagement im Bereich Klima und Energie stärken.

Öffentliche Debatte

Eine Prämisse des Konzept ist, dass dessen Umsetzung kein Verlust an Lebensqualität bedeutet. „Wenn zum Beispiel alle Autos mit Wasserstoff und elektrisch fahren, dann verursacht dies ein enormer Ressourcenverbrauch. Das ist ein Riesendilemma“, stellt Buth klar und darum brauche es den gesellschaftlichen Diskurs.

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