Zunächst lief es aber nicht gut. Nach einer Niederlage bei einer Nachwahl zum britischen Parlament in der nordostenglischen Labour-Hochburg Hartlepool im Mai 2021 wollte Starmer hinschmeißen, wie er jüngst zugab. Aber viele Skandale unter den konservativen Premiers Johnson und Liz Truss brachten ihm neuen Zulauf. Zuletzt übernahm Starmer auch gemäßigt-konservative Positionen - er nutzt dabei den Raum, den ihm der Rechtskurs der Tories lässt.
Der frühere Chef der Strafverfolgungsbehörde CPS gilt zwar wie auch sein Konkurrent Sunak nicht als mitreißender Redner. Aber viele Menschen schätzen an dem Vater zweier Kinder im Teenager-Alter seine Bodenständigkeit, seine Ruhe und Einfühlsamkeit. Privat ist Sir Keir, wie er sich seit einigen Jahren nennen darf, ein großer Fan des Londoner Fußball-Erstligisten Arsenal und kickt auch so oft wie möglich selbst mit Kumpels.
Unter Vorgänger Corbyn gab es Vorwürfe des Antisemitismus
Immer wieder betont Starmer, dass er Labour runderneuert habe. Waren unter Corbyn antisemitische Vorwürfe gegen die Partei aufgekommen, die traditionell stark mit der Palästinenser-Bewegung sympathisiert, fährt Starmer einen klaren Kurs gegen antiisraelische Kommentare. Deutlich prangerte er den Terror der islamistischen Hamas gegen Israel an.
Allerdings gibt es immer noch Abgeordnete oder Kandidaten, die sich abfällig über Israel äußern. Anfang Februar stellte Labour in einem solchen Fall die Unterstützung für ihren eigentlichen Bewerber bei der Parlamentsnachwahl in Rochdale bei Manchester ein, obwohl kein Ersatzkandidat mehr benannt werden durfte. Kurz danach waren in einer Umfrage rund 40 Prozent der Ansicht, dass die Partei immer noch mit antijüdischen Vorurteilen zu kämpfen habe.
Labour und die EU
In Corbyns Schattenkabinett fungierte Starmer als Brexit-Sprecher seiner Partei. Im Gegensatz zum damaligen Parteichef setzte er sich für ein zweites Referendum ein, um den EU-Austritt zurückzudrehen. Mittlerweile aber hat er klargemacht, dass er keinen Rückweg in die EU sieht. Zwar will er sich der Gemeinschaft wieder annähern, und auch aus der EU sind regelmäßig solche Hoffnungen zu hören. Einen Wiedereintritt zumindest in die EU-Zollunion oder den Binnenmarkt aber lehnt Starmer bisher ab. Kommentatoren verweisen darauf, der Labour-Chef habe Angst, wichtige Wählerstimmen im traditionell EU-kritischen Norden Englands zu verlieren.