Weil am Rhein Grundsteuer wird nicht erhöht

Saskia Scherer
Die Erhöhung des Grundsteuer-Hebesatzes ist in Weil vom Tisch. Foto: Christin Klose/dpa

Der Gemeinderat hat den Vorschlag der Verwaltung, den Hebesatz für die Grundsteuer A und B zu anzuheben, mit 14 zu sieben Stimmen abgelehnt. Einige Räte hielten den Zeitpunkt für falsch.

Oberbürgermeister Wolfgang Dietz und Erster Bürgermeister Rudolf Koger erläuterten anhand einer Präsentation zunächst noch einmal im Detail, warum die Anhebung aus ihrer Sicht nötig sei. Der Entwurf für den Haushaltsplan 2024 weise ein ordentliches Ergebnis von minus 8,5 Millionen Euro auf. „Ich sehe keine Chance, dieses Delta zu schließen, ohne wenigstens einen Teil durch die Grundsteuer auszugleichen“, beteuerte Koger. Die Verwaltung erhofft sich durch die Anhebung des Hebesatzes von 400 auf 450 Punkte Mehreinnahmen von 660 000 Euro (wir berichteten). Dies entspreche nur einem Drittel der Mehrbelastung durch die Kreisumlage. „Zwei Drittel schmälern die Handlungsfähigkeit der Stadt“, stellte Dietz klar. Gäbe die Stadt die Erhöhung direkt weiter, würde dies umgerechnet einen Hebesatz der Grundsteuer von 540 Punkten bedeuten.

Die Jahre 2025 bis 2027 sähen auch nicht besser aus, meinte Koger mit Blick auf die höhere Kreisumlage, aber auch notwendige Ausgaben. Die Kreisumlageverpflichtung der Stadt lag im Jahr 2010 bei 10,7 Millionen Euro, erinnerte er. 2024 wären es – bei einer erwarteten Erhöhung des Hebesatzes auf 36,1 – dann 20,3 Millionen Euro.

Der Deutsche Städtetag schätzt laut Dietz zudem, dass in den nächsten fünf Jahren direkte Mindereinnahmen von mindestens 10,2 Milliarden Euro für die Kommunen zu erwarten seien. Dazu kämen indirekte Mindereinnahmen, wenn Bund und Länder weniger erwirtschaften.

Haushalt: Entwurf sehen

Die Grünen stimmten – wie bereits in einer Stellungnahme angekündigt – der Anhebung des Grundsteuer-Hebesatzes nicht zu. Fraktionsvorsitzender Martin Fischer sah den Zusammenhang mit der Kreisumlage nicht. „Wir kennen den Haushaltsentwurf noch nicht. Hochrechnungen und Ergebnisse klafften in den vergangenen Jahren immer auseinander.“ Es sei zu früh. Auch Thomas Harms (FDP) sprach vom falschen Zeitpunkt. „Wir stimmen nicht zu.“

Koger erinnerte daran, dass nach der Gemeindeordnung ein ausgeglichener Haushalt vorgewiesen werden müsse. Man dürfe nicht automatisch davon ausgehen, dass die Rechtsaufsichtsbehörde wie bisher großzügig über ein negatives Ergebnis hinwegsehe.

Bauliche Verschiebungen würden angesichts der erheblichen Kosten nicht ausreichen, bedauerte Andreas Rühle (UFW). „Wir müssen handlungsfähig bleiben.“ Er stimmte zu, aber in seiner Fraktion gab es keine Einigkeit. Axel Schiffmann lehnte die Anhebung ab: „Der Haushalt wird dadurch nicht ausgeglichen.“ Natürlich seien 660 000 Euro „viel Geld“, aber man müsse den Betrag im Verhältnis sehen. Deswegen werde das Regierungspräsidium die Genehmigung des Haushalts nicht verweigern. „Darauf würde ich nicht wetten“, meinte Koger. Und das Verschieben von Maßnahmen nutze im Ergebnishaushalt nichts, dies mache sich nur im Finanzhaushalt bemerkbar. Jürgen Walliser appellierte dagegen sogar offen an den Rat, zuzustimmen. „Ich sehe keine andere Möglichkeit. Wir sind sonst nicht mehr handlungsfähig.“

Claus Weibezahl (CDU) stimmte „mit einer Faust in der Tasche“ zu. Die Mehrheit seiner Fraktion sei für die Anhebung. „Niemand ist erfreut.“

Mit Einsparungen am Ende

Matthias Dirrigl sah eine weitere Belastung für die Bürger angesichts von gestiegenen Kosten schwierig. Er hielt die Zustimmung ebenfalls für zu früh. Er wolle den Haushalt sehen, vielleicht ließen sich dort noch Einsparmöglichkeiten finden. „Ich warte auf Vorschläge“, gab Dietz zurück. Dirrigl erinnerte, dass die Gewerbesteuer in den vergangenen Jahren immer über dem Ansatz lag. „Wir haben keine Mittel vorenthalten“, sagte Koger. Dieses Geld sei in Rücklagen und die Liquidität geflossen. Das habe auch dafür gesorgt, keine Kredite aufzunehmen zu müssen. Die Kämmerei sei alles akribisch durchgegangen. „Es finden sich keine Einsparungen mehr, wir sind am Bodensatz angekommen.“

Details

„Fehler, den viele machen“
Bereits in der Bürgerfragestunde kam das Thema Grundsteuer auf. Ein Bürger vermisste den Bezug zu 2025, wenn die Grundsteuerreform in Kraft tritt. Bei ihm werde sich die Grundsteuer dann verzehnfachen. „Das ist ein Fehler, den viele Bürger aktuell machen“, erläuterte Erster Bürgermeister Rudolf Koger – nämlich den Messbescheid mit dem Hebesatz zu multiplizieren. „Wir werden insgesamt nicht mehr Grundsteuer erheben als bisher, dazu stehen wir“, betonte Koger. 2024 werde ein neuer Hebesatz ermittelt auf Basis der Messbeträge und des Gesamtvolumens der Grundsteuer (laut Plan für 2024: 5,5 Millionen Euro). Die Grundsteuer könne also auch sinken: „Es wird Gewinner und Verlierer geben.“ Für ein Grundstück mit Einfamilienhaus werde wohl mehr zu bezahlen sein als für eines mit Mehrfamilienhaus. „Das hat die Politik so festgelegt.“ Das Land wolle mit der Reform zu einer Veränderung nur innerhalb des ansonsten gleich bleibenden Gesamtaufkommens führen, erklärte Koger später beim Tagesordnungspunkt. Die individuelle Belastung werde vom Gesetzgeber gewollt verändert. Bei der errechneten Erhöhung bei verschiedenen Grundstücken handele es sich um Beträge pro Jahr, stellte Koger klar – nicht pro Monat wie von Thomas Harms (FDP) in der Sitzung angeführt.

Warum jetzt?
Seit 2010 wurde der Grundsteuerhebesatz in Weil nicht erhöht, erläuterte Erster Bürgermeister Rudolf Koger zu der Frage, warum die Erhöhung jetzt geplant wurde. Diese erfolge unter der bisherigen Rechtslage und Bedingungen. Rund 15 000 Grundsteuerbescheide in Weil seien betroffen. Außerdem stehe eine Systemumstellung an. Es gebe keine Vermischung mit der Grundsteuerreform, die vom Bundesverfassungsgericht veranlasst wurde und vom Land Baden-Württemberg umgesetzt wird.

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