Efringen-Kirchen Kommentar: Alle haben verloren

Ingmar Lorenz

Man kann über das Vorgehen des Landratsamts zur Absage des Impftermins in Efringen-Kirchen geteilter Meinung sein. Die rechtliche Grundlage für ihr Handeln hatte die Behörde, auch ist bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar, dass man auf die Einhaltung bestimmter Vorgehensweisen bei der Organisation der Impftermine bestehen muss. Im Zuge dessen ist sogar verständlich, dass man sich im Kreisimpfzentrum übergangen fühlte.  Auf das Landratsamt verbal einzuschlagen, gehört bei vielen Themen inzwischen zum guten (beziehungsweise schlechten) Ton – erwähnt seien nur Verkehrsdebatten oder Bauangelegenheiten.

Aber eben hier liegt der Knackpunkt. Denn es ging diesmal nicht um die Frage nach einem Blitzgerät im Ort oder um den Bau eines Balkons, sondern darum, das Leben von 200 Senioren effektiv und zügig zu schützen. Nachvollziehbare, flexible und gemeinsame Entscheidungen zu finden, darf dabei kein „Nice-to-have“ sein.

In einer Situation, in der zudem beinahe gebetsmühlenartig die Forderung nach einem schnellen Durchimpfen der Bevölkerung wiederholt wird, wundert es schon, warum ein im Grunde fertig organisierter Termin derart ausgebremst worden ist. Selbst wenn der für den ambulanten Termin vorgesehene Impfstoff bereits anderweitig eingeplant war, stellt sich doch die Frage, ob nicht andere Lösungen hätten gefunden werden können. Denn letztlich wurde ja ein beträchtlicher Teil der Senioren tatsächlich doch noch geimpft – nur eben im Kreisimpfzentrum statt vor Ort in Efringen-Kirchen.

Da das Ermöglichen der Termine im Impfzentrum mit der Absage des ambulanten Termins zeitlich fast genau zusammenfiel, hätte man seitens des Landratsamts schlicht auf eine stärkere Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen bei der Umsetzung dieser Alternative setzen können. Dadurch wäre es zumindest möglich gewesen, trotz der Absage des Vor-Ort-Termins die Ehrenamtlichen mit ins Boot zu holen.

So aber hat das Landratsamt durch sein Vorgehen und durch seine anschließende Positionierung, deren scharfer Ton aufhorchen ließ, Vertrauen verspielt – bei einigen Bürgern vielleicht unwiederbringlich.

Dass eine Behörde mit Blick auf die Zusammenarbeit mit ehrenamtlich Engagierten von einem „Vertrauensbruch“ spricht und von einem Vorgehen „hinter dem Rücken“ zeigt, dass offenbar auch im Landratsamt die Nerven blank liegen.

Letztlich haben nach dem vergangenen Wochenende sowohl das Landratsamt als auch die ehrenamtlich Engagierten in der Gemeinde Efringen-Kirchen verloren – die Behörde ihr Ansehen bei großen Teilen der Bürgerschaft, die Ehrenamtlichen ihr Vertrauen in die Behörde. Verloren haben auch die Senioren, die noch immer auf ihre Impfung warten.

Freuen können sich alle Beteiligten letztlich nur darüber, dass zahlreiche Personen, für die bislang erfolglos ein Termin im Kreisimpfzentrum gesucht wurde, nun geimpft worden sind.

Von Ingmar Lorenz

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