Finanzdebatte in Zell „In zwei Jahren könnte Ebbe sein“

Gerald Nill
Das Zeller Freibad soll bei schlechtem Wetter geschlossen werden. Foto: Gerald Nill

Die Bilanzen für Wasser und Abwasser, das Haus Wiesental und das Freibad aus dem Jahr 2022 sowie eine Haushaltsverfügung bewogen den Gemeinderat Zell zu einer grundsätzlichen Finanzdebatte – im März, also mitten in einem genehmigten Haushalt.

Kämmerin Daniela Burger legte zunächst die Zahlen vor. So schloss das Haus Wiesental 2022 mit einem Jahresüberschuss von gut 62 000 Euro ab. Der Verlustvortrag beträgt allerdings 2,1 Millionen Euro. Auf Nachfrage von Christoph Freuschle (CDU) bezifferte Burger die Verbindlichkeiten auf 1,8 Millionen Euro. Thomas Kaiser (SPD) wollte wissen, ob sich der Verlustvortrag im Laufe der Zeit verringert. „Jedes Jahr um 50 000 bis 60 000 Euro“, antwortete Burger. Und: Das Anlagevermögen beim Haus Wiesental beträgt 2,4 Millionen Euro.

Bei der Abwasserbeseitigung gab es eine deutliche Kostenüberdeckung. An Abgaben und Gebühren wurden von den Bürgern rund 300 000 Euro mehr bezahlt als von der Gemeinde ausgegeben. Freuschle rügte die seiner Meinung nach hohen Personalkosten auf der Verwaltungsseite: 123 000 Euro. Burger gab zu: „2022 war der Anteil der Personalkosten tatsächlich hoch.“

Bürgermeister befangen

Als die Gemeinderäte über die Jahresabschlüsse abstimmten und Bürgermeister Peter Palme seine Stimmenthaltung mit den Worten erklärte: „sich als Betriebsleiter selbst zu entlasten, hätte ein Geschmäckle“, wollte Kai Argast (SPD) wissen: „Bist Du nicht befangen?“ Palme antwortete: „Natürlich.“ Dabei beließ man es.

Bei der Wasserversorgung im Kosten- und Ertragsumfang von rund einer Million Euro gab es einen Fehlbetrag von 40 000 Euro. Das Freibad weist einen Fehlbetrag von etwa 300 000 Euro auf. Die Verpachtung des Wasserwerks wirft im Jahr etwa 220 000 Euro ab, wodurch das Freibad-Defizit zum Teil gedeckt wird. CDU-Fraktionschef Matthias Kiefer grätschte hinein: Wie lange die Pachtverträge liefen, wieviel Kilowattstunden das Werk abwerfe und ob man da mehr für die Gemeinde herausholen könne, wollte er wissen. Die Kämmerin antwortete, dass bei Vertragsabschluss hohe Investitionen erforderlich waren, zu denen die Gemeinde nicht in der Lage gewesen wäre. SPD-Fraktionschef Kaiser sprang bei, dass der Betreiber fast zwei Millionen Euro investiert habe und der Vertrag bis 2043 laufe.

Bademeister entscheidet

Der Gemeinderat beschloss bei einer Gegenstimme, dass die Bademeister bei Schlechtwetter das Freibad nur von 10 bis 12 Uhr öffnen können. Bei dauerhaft schlechtem Wetter soll das Bad überhaupt nicht öffnen. Dagegen hatte sich Claudia Dolzer (SPD) gewehrt. Ein Minimum müsse täglich geöffnet sein. Fraktionskollege Kaiser widersprach, dass an Regentagen niemand im Bad sei. Paul Hailperin (Grüne) wollte wissen, mit welchem Vorlauf die Schließung bekannt gegeben werde. „Am besten am Abend vorher“ antwortete Palme. Die CDU erwirkte, dass nicht „Betriebsleiter“ Palme, sondern der Bademeister die Schließung bei Schlechtwetter bestimmt. Vorteil der neuen Regelung: Ein Bademeister erhält auch mal einen freien Tag und es wird Geld eingespart.

Den Punkt „Haushaltsverfügung des Landratsamts“ wollte Christoph Freuschle zu einer grundsätzlichen Aussprache über den Haushalt nutzen. Hauptamtsleiter Peter Lepkojis empfahl diesen Punkt mit dem neuen Gemeinderat durchzugehen. Freuschle ließ sich so leicht nicht bremsen: „Wenn die Finanzen so fortlaufen, ist in zwei Jahren Ebbe.“ Lepkojis erinnerte daran, dass es eine vom Gemeinderat beschlossene Haushaltssatzung gebe. CDU-Chef Kiefer beharrte aber darauf, dass seine Fraktion einen Fünfjahresplan haben möchte. Formal muss dazu ein neuer Antrag vorgelegt werden, erklärte die Verwaltung. Aber Palme lenkte ein: „Wir machen Vorschläge, was wir erfüllen können.“

Claudia Dolzer erinnerte, dass beschlossen worden sei, den Neubau des Bahnhofsplatzes zu verschieben. Kiefer heftig: „Es war ein mehrheitlicher, kein einvernehmlicher Beschluss.“ Dolzer schloss den Punkt: Zell leiste sich einen neuen Kindergarten und das Freibad. Das sei kein Luxus. Die Verwaltung informierte, dass die Ausschreibung für den Kindergarten wiederholt werden müsse, da das einzige Angebot unvollständig gewesen sei.

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