Lörrach Den Opfern des Nationalsozialismus ein Gesicht geben

Adrian Steineck
Johanna und Moritz Weil Foto: Sylviah Jacobs

Bei der Verlegung der Stolpersteine thematisierten die Redner Antisemitismus einst und jetzt.

Oberbürgermeister Jörg Lutz nannte den Antisemitismus in seiner Ansprache „ein echtes Krebsgeschwür der Gesellschaft“, dem es entschieden entgegenzutreten gelte (wir berichteten am Mittwoch). Er erinnerte auch an die Worte des Landesrabbiners Moshe Flomenmann, der jüngst gesagt habe, dass der Hass auf Juden geschichtlich oft am Anfang stehe. Später würden dann auch andere Volksgruppen ausgegrenzt und verfolgt, im Fall der Nazi-Herrschaft in den Jahren 1933 bis 1945 etwa Homosexuelle und Angehörige der Zeugen Jehovas. Niemand dürfe sich in Sicherheit wiegen und das Gefühl haben, antisemitische Meinungsäußerungen, wie sie gerade seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober auch in Deutschland zugenommen haben, würden ihn nichts angehen, mahnte Lutz.

Den Frieden wahren

Auch Jürgen Krause und Ulrich Tromm von der Stolpersteininitiative Lörrach appellierten an die Zuhörer, Antisemitismus nicht unwidersprochen zu dulden: „Nie wieder ist jetzt.“ Krause sagte zur Judenverfolgung durch die Nazis: „Die Erinnerung an diesen Zivilisationsbruch prägt das historische Gewissen westlicher Demokratien – oder vielmehr: Sie sollte es tun.“ Tromm ergänzte: „Geben wir unsere Demokratie nicht leichtfertig Strömungen preis, von denen wir doch wissen, wohin sie führen. Wahren wir den inneren Frieden in unserem Lörrach.“ Sie schlossen mit dem gängigen Gruß „Schalom“, hebräisch für „Friede“, und dem arabischen Grußwort „Salam“ (Wohlbefinden).

Erinnerung an Chanukka

Die beiden Redner grüßten auch in Richtung der Israelitischen Gemeinde Lörrach und wünschten zum bevorstehenden Chanukka-Fest alles Gute. Das achttägige Chanukka- oder Lichterfest hat am Donnerstagabend, 7. Dezember, begonnen und endet am Abend des 15. Dezember. Erinnert wird mit dem Fest an drei wichtige Ereignisse in der Geschichte des jüdischen Volkes, nämlich die Befreiung aus hellenistischer Herrschaft, die zweite Weihe des Tempels in Jerusalem und ein Lichtwunder, das acht Tage dauerte.

Eingelassen wurden die Stolpersteine vor dem Haus in der Grabenstraße 15. Dort wohnten in den 1930er-Jahren die Eheleute Johanna und Moritz Weil, die zunächst in der Grabenstraße, später in der Basler Straße das Textilgeschäft „Abraham Weil“ betrieben. Beide sind im Jahr 1942 im Konzentrationslager Auschwitz von den Nazis ermordet worden.

In der Haagener Straße, die bis 1946 den Namen Wilhelmstraße trug, wurde vor dem Haus mit der Nummer zwölf ein Stolperstein zum Gedenken an Hermann Lützelschwab verlegt. Lützelschwab wurde im Jahr 1933 als Mitglied der Kommunistischen Partei verhaftet und erlitt in mehreren KZs schwere körperliche und seelische Schäden, um deren Wiedergutmachung er lange kämpfen musste. Er starb im Jahr 1975 in Lörrach.

Vor dem Haus in der Gretherstraße 4 erinnert ein Stolperstein an die Eheleute Rosa und Julius Riffel, die als Angehörige der Zeugen Jehovas von den Nazis verhaftet wurden und mehrere Gefängnisse und KZs durchlaufen mussten. Nach dem Krieg lebten sie wieder in Lörrach, wo Julius Riffel im Jahr 1977, seine Frau Rosa vier Jahre später verstarb.

Die Stolpersteine gehen auf den in Berlin lebenden Künstler Gunter Demnig zurück.

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