Lörrach Gegenwind für die geplante Unterkunft

Adrian Steineck
Die Gemeinschaftsunterkunft auf der Fläche in Grenznähe soll nach dem Vorbild anderer Unterkünfte (hier die frühere Anlage in Weil am Rhein) in modularer Bauweise errichtet werden. Gegen das Vorhaben von Stadt und Landkreis formiert sich Protest. Foto: Marco Fraune

In Stetten soll eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge entstehen. Der Kreis Lörrach sieht dort die Unterbringung von etwa 150 Menschen vor. Bei den Anwohnern sorgt das Vorhaben für Unmut. Kritisiert wird vor allem die Art der Kommunikation.

Die für die Gemeinschaftsunterkunft (GU) vorgesehene Fläche befindet sich im Süden der Stadt an der Konrad-Adenauer-Straße, unweit des Bolzplatzes. Auf dem Areal soll eine temporäre GU in modularer Bauweise für rund 150 geflüchtete Menschen entstehen. Die in der Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises untergebrachten Personen werden nach einem bestimmten Schlüssel auf die Aufnahmequote der Stadt angerechnet, heißt es in einer jüngst verschickten Mitteilung des Landratsamts. Die konkreten Planungen werden seitens des Landratsamts nach der Zustimmung durch den Lörracher Gemeinderat beginnen (siehe nebenstehenden Artikel).

Kritik an Kommunikation

Bei den Anwohnern sorgt dieses Vorhaben für Unmut. Bei einem Treffen, das am Samstagabend stattfand und von etwa 40 Interessierten besucht wurde, gab es vor allem Kritik an der Art der Kommunikation durch die Stadt und das Landratsamt. Der Lörracher Stadtrat Jörg Müller (Freie Wähler) nahm an dem Treffen teil und schildert im Gespräch mit unserer Zeitung seinen Eindruck. Viele Anwohner hätten sich bei dem Treffen verständnislos darüber gezeigt, dass sie von der geplanten GU aus der Presse erfahren haben. Er selbst übt Kritik daran, dass das Vorhaben in nicht-öffentlicher Gemeinderatssitzung besprochen wurde und er somit dazu verpflichtet war, sein Schweigen zu wahren. „Man muss öffentlich diskutieren, welche Grundstücke es in der Stadt gibt und welche davon für mögliche Gemeinschaftsunterkünfte verwendet werden können“, sagt er. Müller selbst ist zwar kein Anwohner – er lebt in Haagen –, eine befreundete Anwohnerin habe ihn aber über das Treffen informiert.

Stimmen der Anwohner

Müller habe auch beobachtet, dass bei den Anwohnern Sicherheitsbedenken geäußert wurden. Diese gelte es ernst zu nehmen. „Wir müssen den bei uns ankommenden Flüchtlingen eine Perspektive bieten, ansonsten droht Frust“, sagt er.

Einer der betroffenen Anwohner ist Christian Bucher, der sich als alteingesessenen Stettemer bezeichnet. Er begrüßt, dass es bei dem Treffen gesittet zugegangen ist. „Es gibt auch Stimmen, die eine neue GU ausdrücklich begrüßen“, sagt er. Auch er kritisiert die Informationspolitik der Stadt. „Es hat etwas Unverfrorenes“, sagt Bucher über den Umstand, dass die Unterkunft in nicht-öffentlicher Gemeinderatssitzung besprochen wurde. „Man will keine Öffentlichkeit haben.“

Die Fläche, auf der die GU entstehen soll, ist laut Bucher ein letzter Rest der landwirtschaftlichen Fläche, die seit den 1990er-Jahren verloren ging, und sie sei als Ausgleichsfläche ausgewiesen. Er erinnert an die Historie: „Im Jahr 1989 war Stetten-Süd ein landwirtschaftliches Gebiet mit der Kaltenbach-Stiftung und der Gießerei Trikes. Da nach dem Mauerfall die Wohnungsnot groß war, wurden 500 Wohnungseinheiten im Bebauungsplan ausgewiesen und gebaut.“ Die Wohnungsinitiative „Wohnliches Stetten“ schlug ein Nahwärme-Kraftwerk mit Erdwärme aus Riehen vor. Das wurde realisiert. So sei heute ganz Stetten-Süd über Fernwärmeleitungen versorgt. Bauliche Maßnahmen hätten aber mittlerweile viel kostbares Grünland verbraucht. „Jetzt bleibt uns nur noch, das kleine Stück Ausgleichsfläche in Stetten- Süd zu bewahren“, sagt Bucher.

Debatte wird politisch

Er übt Kritik am Auftreten von Birger Bär. Der Lörracher Apotheker, der unter anderem durch seine Kritik an der FFP2-Maskenpflicht und anderen Maßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie in die Öffentlichkeit getreten ist, habe versucht, die Diskussion an sich zu reißen. Dies sei aber verhindert worden. Der Stadtrat Jörg Müller wiederum empfand dies anders: Bär sei „bestimmt kein Leiser“, aber andere seien ebenfalls nicht leise gewesen.

Mit der Initiative „Bürger für Lörrach“ tritt Bär auch bei der Kommunalwahl im Juni an und will damit laut eigener Aussage eine „neue politische Kraft“ schaffen. Er habe an den Treffen „recht spontan“ teilgenommen“, sagt Bär im Gespräch mit unserer Zeitung. Er habe es nicht glauben können, wie hier von Stadt und Landratsamt vorgegangen werde – Bär kritisiert namentlich Landrätin Marion Dammann und Oberbürgermeister Jörg Lutz und bezeichnet die Kommunikation als „Riesenschweinerei“.

Auf Nachfrage versichert Bär, aus dieser Angelegenheit kein politisches Kapital für die Kommunalwahl schlagen zu wollen. Er wolle sich nicht „als Local Hero generieren“, sagt er. Mit einer Entwicklung wie jetzt in Stetten habe er nicht kalkuliert. Er kämpfe gegen „diese überfallartige Entwicklung an“ und sei schockiert von der „Gefühlskälte aus dem Rathaus“.

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