Lörrach „Meine Wut ist riesengroß“

Kristoff Meller

Schulleiterin Isolde Weiß schockiert  nach viertem Einbruch innerhalb weniger Monate in  Pestalozzischule /  Kritik an Kommunikation der Behörden /  Ein Tatverdächtiger bereits  auf Bewährung verurteilt 

Lörrach - Wut, Frust und Verzweiflung: Nach dem vierten Einbruch innerhalb von neun Monaten in die Pestalozzischule zeigte sich Schulleiterin Isolde Weiß fassungslos, als sie am Dienstag den Tatort besuchte. Neben dem erneuten materiellen Schaden belasten sie vor allem die emotionalen Konsequenzen. Derweil hat sich die Staatsanwaltschaft erstmals zu den mutmaßlichen Serientätern geäußert.

„Meine Wut ist riesengroß“, erklärte Weiß im Gespräch mit unserer Zeitung. Sie befand sich während des jüngsten Vorfalls (wir berichteten) im Urlaub und kam erst am Dienstag zurück: „Die Polizei hat mich gestern Abend informiert. Ein Kollege war zufällig am Sonntag an der Schule und hat gesehen, dass die Scheiben im Rektorat und Sekretariat eingeschlagen waren.“

Drei junge Männer mit Mundschutz

Am Dienstagnachmittag schaute sich die Schulleiterin zunächst das angerichtete Chaos in ihrem Büro und dann die Aufzeichnung der Videoüberwachung an. Dort ist zu sehen, wie sich drei junge Männer in T-Shirts, kurzen Hosen und mit Mundschutz am Samstagmorgen gegen 3.40 Uhr dem Gebäude in aller Ruhe nähern, einen Müllcontainter an die Wand schieben und eine der Kameras neben den Fenstern wegdrehen. Anschließend schlugen sie laut Polizeibericht die Scheiben ein, durchwühlten Schränke und sahen sich in der Schule um, bevor sie diese laut Weiß gegen 5 Uhr mit 70 Euro Bargeld aus der Kasse der Schülerfirma wieder verließen.

Für die Schulleiterin ist die Tat völlig unverständlich und deprimierend: „Die vergangenen Monate waren ohnehin anstrengend und eine Herausforderung in Sachen Organisation von Unterrichtsangeboten im Hinblick auf Hygiene und Abstandsregel. Wir haben wirklich genug andere Sorgen.“

Denn in den nächsten Wochen gehe es darum, den Schulstart der Förderschule unter Pandemie-Bedingungen so sicher wie möglich zu gestalten, nun werde der Schulfrieden erneut gestört. Das Erste, das die Schüler sehen werden, sind laut Weiß zwei provisorisch geflickte Fensterscheiben, und sie werde nun wieder mehrere Monate in einem Büro sitzen müssen, das sie stets an die Vorfälle erinnert.

Schulleiterin stellt Strafanzeige

Weiß hatte nach den ersten drei Einbrüchen zwischen Dezember und Februar selbst Strafanzeige gestellt und auf einen schnellen Ermittlungserfolg gehofft. „Aber wir als Opfer bekommen keinerlei Nachricht. Die Kommunikation mit den Behörden ist katastrophal.“ Für sie sei es zudem unverständlich, warum die Täter noch immer frei herumlaufen. Denn schon vom dritten Einbruch gab es durch die zuvor angebrachte Videoüberwachung viel Filmmaterial. Dort sei ebenfalls genau zu sehen, wie die Täter das Fenster einschlagen und ins Gebäude einsteigen. „Das benutzte Fahrrad war gut zu erkennen, und auch wenn die Täter maskiert waren, konnte man sogar die Markennamen der Schuhe lesen“, erzählt Weiß.

Viel zu holen gibt es dort indes nicht: „Wir haben den gestohlenen Tresor noch gar nicht ersetzt“, sagt Weiß. Der Sachschaden ist weit größer: Allein die neue Scheibe beim Rektorat habe beim letztes Mal 3000 Euro gekostet, und es habe drei Monate gedauert, bis sie angefertigt und geliefert wurde.

Nun wurden nach Rücksprache mit der Stadtverwaltung laut Hausmeister Klaus Bannwarth bereits neue Scheiben aus Verbundsicherheitsglas für alle Fenster des Rektorats und Sekretariats bestellt. Zudem soll die Beleuchtung auf dem Schulhof verbessert werden, um die Täter künftig abzuschrecken und auch der Müllcontainer ist nun angekettet.

Ein Tatverdächtiger ist verstorben

Unterdessen äußerte sich am Dienstag erstmals die Staatswaltschaft zu der Einbruchsserie von der im Winter auch weitere Schulen betroffen waren. Pressesprecherin und Erste Staatsanwältin Karin Sattler-Bartusch teilte auf Anfrage mit: „Wegen des Verdachts der Beteiligung an Einbruchsdiebstählen in Schulen im hiesigen Zuständigkeitsbereich wurden verschiedene Tatverdächtige ermittelt.“

Einer von diesen, ein 20-jähriger Mann, wurde laut der Staatsanwältin in einem Strafverfahren wegen seiner Beteiligung an den Taten in der Nacht auf den 20. Februar und anderer Tatvorwürfe durch das Amtsgericht Lörrach (Jugendschöffengericht) zu einer mehrmonatigen Jugendstrafe unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.

Ermittlungen gegen zwei Verdächtige dauern an

Sattler-Bartusch: „Ein weiterer Tatverdächtiger ist zwischenzeitlich verstorben, sodass das gegen ihn geführte Verfahren einzustellen war. Die Ermittlungen gegen zwei weitere Tatverdächtige dauern an.“

Ob diese auch etwas mit den jüngsten Einbrüchen am Samstag in die Pestalozzischule und in der Nacht auf den 15. August in die Kaufmännische Schule zu tun haben? Für Isolde Weiß ist klar, dass sich die Täter die Schule nicht zufällig ausgesucht haben: „Das muss geplant und vorbereitet sein.“ Eventuell könnten es auch ehemalige Schüler sein, oder zumindest Heranwachsende mit Ortskenntnissen, vermutet sie.

Polizeisprecher Jörg Kiefer hält einen Zusammenhang angesichts der Vorgehensweise ebenfalls für durchaus möglich. Warum sich die Täter immer wieder Schulen aussuchen, obwohl es dort keine größeren Bargeldbeträge oder andere Wergegenstände zu erbeuten gibt? Kiefer: „Es ist vermutlich einfach der Reiz des Verbotenen.“

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading