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Schopfheim „Den Finger auf Soziales legen“

Petra Martin
Die künftige Nutzung des Krankenhausgeländes will die SPD im Arbeitskreis klären. Foto: Markgräfler Tagblatt

SPD-Dreikönigshock: Bezahlbare Wohnungen, Energiewende und Ärzteversorgung waren Themen beim Dreikönigshock

Schopfheim - Sozialer Wohnungsbau, Klimawende, Nahverkehr, Ärzteversorgung - beim SPD-Dreikönigshock am Montag in der „Sonne“ kam es zu regen, bewegten und meinungsstarken Diskussionen zu den kommunalpolitischen Themen, die dem SPD-Ortsverein und der -fraktion auf den Nägeln brennen.

„Fundamentale Änderung“ im Gemeinderat

Ortsvereinsvorsitzender Peter Ulrich begrüßte die 16 Teilnehmer, darunter ein neues Parteimitglied aus Raitbach, und ging zunächst auf die „fundamentale Änderung“ ein, die der Gemeinderat nach der Kommunalwahl erfahren habe. Die Klimabewegten hätten die Grünen gewählt, die, die der Parteien überdrüssig seien, die Feien Wähler. So mancher habe aufgrund der Reduktion der Fraktionssitze von fünf auf vier schwer schlucken müssen. Die Talfahrt gehe also weiter.

„Die Stimmung in Schopfheim, so wie wir sie wahrnehmen, ist unübersichtlich und widersprüchlich“, stellte Peter Ulrich fest. Einerseits fehle es an bezahlbarem Wohnraum, andererseits gebe es erhebliche Bedenken gegen und sogar Ablehnung von Wohnungsbau.

„Widersprüchliche Stimmung in der Stadt"

Einerseits werde die Aufrechterhaltung der Infrastruktur erwartet, andererseits gegen alles polemisiert, was die Grundlage für die Erhaltung ebendieser bilde. Einerseits wolle man zeitgemäße öffentliche Infrastruktur wie Schulen, Kindergärten und Sportstätten, andererseits werde jede Änderung am Status Quo abgelehnt.

Einerseits wolle man keine Flächenausdehnung für Wohnen und Arbeiten, andererseits aber auch keine Verdichtung innerhalb Schopfheims. Einerseits wolle man regenerative Energie und dezentrale Energieversorgung, andererseits würden Windräder bekämpft. Einerseits wolle man die Leistungsfähigkeit der örtlichen Betriebe, des Handwerks und des Handels erhalten und fördern, andererseits aber keinen Flächenverbrauch und keine Belastungen.

Kürzlich habe man sich an der Bestürzung eines ehemaligen Schopfheimers „erfreuen“ können, der der alten Stadt nachtrauere, die er mal verlassen habe. Er beklage die Behinderung eines ungehinderten Gedeihens einer Kulturlandschaft; dies aber sei ein Widerspruch, weil es das Wesen einer Kulturlandschaft sei, eben nicht ungehindert zu gedeihen.

„Absoluter Nachholbedarf“  in Sachen soziale Gerechtigkeit als Zukunftsfragen

Manchmal kommt es mir vor, als ob wir in Schopfheim mehr Energie für das Nachtrauern einer vermeintlich guten alten Zeit aufbringen, als uns um Zukunftsfragen zu kümmern“, sagte Ulrich.

Diese Zukunftsfragen seien dezentrale Energieversorgung, digitale Teilhabe und soziale Gerechtigkeit. Bei der Frage der dezentralen Energieversorgung habe Schopfheim mit den Windrädern schon einiges geleistet. Es könnte aber noch strikter auf den Ausbau der Photovoltaik geachtet werden, wie die SPD in einem Antrag gefordert habe.

In Sachen Digitales sei der Landkreis auf einem guten Weg, die Dörfer im Landkreis mit Priorität mit schnellem Internet zu versorgen.

Beim Thema soziale Gerechtigkeit bestehe aber „absoluter Nachholbedarf“. Hier müsse unbedingt mehr passieren, besonders dort wo die Stadt Grundstücke besitze und bestimmen könne, wo es lang gehe, etwa in der Breitmatt. Dort sollte der Wohnraum für Handwerker, Arbeiter und deren Familien Vorrang haben. Die lange Warteliste der Wohnbau Lörrach zeige, dass hier der Bedarf sei und nicht bei Reihen- und Doppelhäusern.

Campus: „Die Ausgaben gegenrechnen“

In der Kommunalpolitik müsse man nun klare Prioritäten setzen und auch Gegenwind ertragen. Das Campus-Projekt enge den Spielraum im städtischen Haushalt für die nächsten Jahre stark ein. Eine Alternative dazu gebe es nicht wirklich, da die Hebel-Schule nicht mehr den Anforderungen einer modernen Schule entsprochen habe und auch der Brandschutz nicht mehr auf dem aktuellen Stand gewesen sei. Auch die Ebert-Schule hätte saniert werden müssen, „und von der Sporthalle wollen wir gar nicht reden“. Hinzu komme das JuZ, dem schon seit Jahren ein angemessener Standort versprochen worden sei.

„Ehrlicherweise muss man die Ausgaben für diese Erhaltungsmaßnahmen gegenrechnen, wenn man das Campus-Projekt ansieht“, betonte Peter Ulrich.

"Mehr Bürgerengagement wäre hilfreich"

Kämmerer und Bürgermeister hätten angemahnt, über Einsparungen nachzudenken. Aber es seien gerade die freiwilligen Leistungen, die Charme und Attraktivität einer Stadt ausmachen. Da Schopfheim einen nicht unerheblichen ländlichen Anteil habe, dürfe die Infrastruktur dort nicht vergessen werden, etwa beim Schwimmbad Schweigmatt.  Es gelte, eine vernünftige Balance zu finden.

Mehr Bürgerengagement wäre zudem hilfreich, der Einsatz des Fördervereins „Kultur im Museumskeller“ sei ein gutes Beispiel.

Harte Diskussionen in Gemeinderats-Klausur erwartet

Eine vernünftige Balance müsse auch die Stadtverwaltung suchen. Der Vorschlag, einen technischen Beigeordneten zu bestellen, würde den Kostenrahmen erheblich erhöhen, und es sei fraglich, ob man damit alle Probleme löst. Aus dieser Forderung spreche eigentlich ein „tiefes Misstrauen zumindest zwischen einigen der Akteure von Verwaltung und Gemeinderat“. Vielleicht sei es bei einigen die tiefe Enttäuschung über das Ergebnis der Kommunalwahl.

Der Gemeinderat werde in seiner Klausur im März harte Diskussionen zu führen haben.

„Riesendruck“ auf dem Wohnungsmarkt

Was den bezahlbaren Wohnraum angehe, so werde die SPD nicht aufhören, „den Finger draufzulegen“. Mehr als 1000 Miet-Parteien (Warteliste Wohnbau Lörrach) suchten Veränderung. Ein „Riesendruck“ laste auf dem Wohnungsmarkt. Ältere Menschen hätten nicht die Möglichkeit, von einer größeren in eine kleinere Wohnung zu ziehen, da die Mieten neuer kleinerer Wohnungen so hoch seien. Dadurch würden größere bezahlbare Wohnungen, etwa für Familien, nicht frei.

„Prioritäten setzen und Gegenwind ertragen“

Die Stadt befinde sich hier in der Verpflichtung, mittel- oder sogar kurzfristig Abhilfe zu schaffen, so auf Grundstücken, die der Stadt gehören. Auch bei bezahlbarem Wohnraum gelte es, nachhaltig zu bauen und Ideen wie die Schaffung von Quartieren mit Park umzusetzen. Im übrigen sei man hier in ein paar Minuten im Grünen.

Was das Parken in der Innenstadt angehe, so sei hier ein Mobilitätskonzept gefragt. In Nagold sei es gelungen, die ehemalige Bundesstraße durch die Stadt für einen gewissen Zeitraum in der Woche zu sperren. Die SPD fordere auch den zweigleisigen Ausbau der Wiesentalbahn. Dass dies erst in zehn Jahren umgesetzt werden solle, sei unzureichend (Bernd Sevecke: „Ein Skandal“). Das Mindeste wäre, mehr Kreuzungspunkte zugunsten einer Takterhöhung zu schaffen, unterstrich Peter Ulrich.

Ein vierspuriger Ausbau der B 317 jedenfalls bedeute eben nicht eine Wende in der Verkehrspolitik.

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