Weil am Rhein Corona zwingt zum Sparen

Marco Fraune , aktualisiert am 07.05.2020 - 10:19 Uhr
Der Gemeinderat hat in der Altrheinhalle in Märkt getagt, wo der Abstand gewährleistet werden konnte. Foto: Marco Fraune

Rat segnet Haushaltssperre ab / Einzelposten statt „Rasenmähermethode“ / Mit Kommentar

Weil am Rhein - Der Gemeinderat hat die von Bürgermeister Rudolf Koger vorgeschlagene Haushaltssperre abgesegnet. Demnach kommt es nicht zur einer pauschalen Kürzung, sondern zu Verschiebungen noch nicht gestarteter Vorhaben und einigen Kürzungen. SPD-Fraktionschef Johannes Foege sorgte sich um die Außenwirkung und sprach lieber von einer „Haushalts-Teilsperre“.

Obwohl der Kämmereibericht für das erste Quartal vom Verfasser, Bürgermeister Rudolf Koger, als „Blick in die Glaskugel“ beschrieben wurde, zeichnen sich doch starke Steuerrückgänge ab.

Minus neun Millionen

Im Ergebnishaushalt summieren sich die prognostizierten Verluste auf neun Millionen Euro. Allein bei der Gewerbesteuer kalkuliert der Kämmerer im Bericht mit einem Minus von rund fünf Millionen Euro, wobei er die elf Millionen Euro an Gewerbesteuern im Gemeinderat nochmals auf nun 9,3 Millionen Euro senkte, so die neuesten Entwicklungen.

Beim Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer sieht es auch nicht gut aus. Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit könnten für einen Rückgang um rund eine Million in der Stadtkasse führen.

Der kommunale Anteil an der Umsatzsteuer werde wohl sinken. Die Vergnügungssteuer nimmt laut Prognose angesichts der zeitweisen Schließung der Lokale um eine halbe Million Euro wohl ab. Mindereinnahmen in Höhe von 1,3 Millionen Euro bei den Schlüsselzuweisungen listete Koger auch auf.

Gesperrt statt gestrichen

Weniger Glaskugel und mehr seriöse Abschätzung soll die Mai-Steuerschätzung mit sich bringen, die den Kommunen voraussichtlich Anfang Juni vorliegen könnte. Eventuell im dritten Quartal könne tatsächlich Näheres gesagt werden, weiß auch der Weiler Kassenhüter Koger nicht die weitere wirtschaftliche Entwicklung momentan abzuschätzen.

Klar sei aber, dass es beim Finanzhaushalt derzeit noch nicht so schlecht aussieht. So hatte die Stadt zu Jahresbeginn noch 46 Millionen Euro auf der hohen Kante, also an Liquidität. Koger: „Wir können jederzeit unseren finanziellen Verpflichtungen nachkommen.“

Bei den Überlegungen, wie das Haushaltsjahr 2020 nun abgewickelt und gestaltet werden kann, haben Koger & Co. einige Einsparmöglichkeiten aufgetan. Statt pauschal um einen Prozentsatz alle Ausgaben zu reduzieren, gehe es darum, noch nicht begonnene Maßnahmen auf Eis zu legen.

Im Finanzhaushalt kommt somit eine Summe von 1,3 Millionen Euro zusammen, beim Ergebnishaushalt der gleiche Betrag sowie bei den Budgetüberträgen (Verpflichtungsreserve) fast 2,4 Millionen Euro. „Die Maßnahmen sind nur gesperrt und nicht gestrichen“, betonte Koger.

Die Sparliste

An größeren Vorhaben vorerst gestrichen wurde angesichts des einstimmigen Beschlusses des Gemeinderats unter anderem Bypasstüren im Kant-Gymnasium (250 000 Euro), Brandmeldeanlage Altbau Kant-Gymnasium (130 000 Euro) und Außenanlage Kant-Gymnasium (40 000 Euro). Als verschoben aufgeführt ist auch die Grünanlage im Baugebiet „Hohe Straße“ (270 000 Euro). Reduziert wurden die Grenzstraße (um 90 000 auf 366 900 Euro), die Erschließung Nonnenholzstraße (um 125 800 auf 100 000 Euro) sowie die Umgestaltung der Kreuzung Alt-Weil/Zoll (um 45 500 auf 190 000 Euro).

Im Ergebnishaushalt als dicke Brocken enthalten sind im OGW der vorerst gestrichene Umbau eines Hörsaals (100 000 Euro) oder auch die Grundsanierung eines Klassenzimmers in der alten Schule (80 000). Vom Haushaltsansatz reduziert wurden auch das Verkehrskonzept Innenstadt (um 150 000 Euro auf 55 000 Euro) oder auch die Pflege von Ausgleichsflächen (um 50 000 auf 50 000 Euro). Verschoben wurden Sicherheitsmaßnahmen im Kant-Gymnasium (630 000 Euro).

Öffentlich in der Gemeinderatssitzung monierte lediglich Matthias Dirrigl im Namen der SPD-Fraktion das Auf-Eis-Legen eines Kopierraums in der Karl-Tschamber-Schule, womit 38 000 Euro gespart werden. Es gehe um einen Besprechungsraum mit der Möglichkeit, den Kopierer separat stellen zu können. Auch im Rathaus gebe es teilweise diese Möglichkeit nicht, so OB Wolfgang Dietz. „Wir sehen die Dringlichkeit der Maßnahme nicht in der obersten Priorität“, pflichtete Erster Bürgermeister Christoph Huber bei. Doch es sei lediglich verschoben nicht gestrichen.

Noch Nachtragshaushalt?

Der OB hofft erst einmal, dass Bund und Land nicht nur an die eigene Kasse denken, sondern auch an die Kommunen, wobei er erst einmal die Mai-Steuerschätzung abwartet, erklärte er auf Nachfrage von Eugen Katzenstein (UFW), wie der weitere Zeitplan ist. Den von Martin Fischer (Grüne) ins Gespräch gebrachten Nachtragshaushalt könnte es in Weil auch geben. Doch die Gegensteuerungsmaßnahmen seien nur begrenzt möglich, wollte Bürgermeister Koger sich hierzu noch nicht positionieren. „Ob es sinnhaft ist, müssen wir zu gegebener Zeit feststellen.“ Zuvor will er sich auch noch mit dem Regierungspräsidium austauschen.

Die Stellungnahmen

Angesichts eines Etat-Voluments von 132,5 Millionen Euro relativierte SPD-Fraktionschef Foege die Haushaltssperre. Man befinde sich nur im kleinen Prozentbereich bei den Einsparungen.

Nicole Sütterlin (Grüne) mahnte zugleich, dass die Zukunft nicht aus den Augen verloren werden soll. „Einsparungen an der falschen Stelle führen dazu, dass man es später bereut.“ Ob beim Rathaus-Anbau eingespart werden könne, solle aber geprüft werden. Der OB beruhigte zumindest in der Form, dass es zu keiner Standardreduktion bei energetischen Maßnahmen oder im Umweltbereich komme, gegebenenfalls würden Projekte später verwirklicht.

Die öffentliche Hand könnte künftig bei Bauunternehmen wieder ein gefragter Auftraggeber sein, hofft das Stadtoberhaupt ein Stück weit. „Ich weiß es aber nicht.“ Klar sei, so Koger, dass beim Regelunterhalt und der Wartung keine Einsparungen erfolgen sollen.

Dass die Stadt weiterhin auch Projekte wie die Rheinpark-Neugestaltung voranbringt, daran erinnerte Axel Schiffmann (UFW). Investive Vorhaben würden auch mit finanziellen Rücklagen umgesetzt, erklärte Dietz. „Die begonnenen Maßnahmen sind finanziert.“

Damit die heimischen Händler künftig nicht zu wenig Einnahmen haben, womit sie auch weniger Steuern zahlen müssen, appellierte Irmgard Lorenz (Grüne) noch an die Bürger, dass diese vor Ort einkaufen sollen. „Sie sollen den lokalen Handel stützen.“

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